Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Von den Ohren direkt ins Herz
Die Hot Club Harmonists spielen in der Alten Kirche in Rulfingen
RULFINGEN - Schauplatz großer Gefühle ist am Samstagabend die Alte Kirche in Rulfingen geworden. Bei der Konzertreihe "Musikfestwochen Donau-Oberschwaben sorgten die Hot Club Harmonists für Gänsehaut.
Zu einer „musikalischen Reise von der Seine bis an die Donau“hatten die Musiker geladen. Reiselustige haben sich in großer Zahl eingefunden. Die alte Barockkirche mit ihrem besonderen Ambiente bietet dem sympathischen Quintett bereits zum zweiten Mal eine Plattform: Vor gut zehn Jahren hatten sie hier schon einmal einen Auftritt. Bandgründer Frank Wekenmann entschuldigt sich augenzwinkernd für die Delle, die er damals an einem der niedrigen Balken verschuldet habe.
Bei der Namensgebung dürfte das legendäre „Quintette du Hot Club de France“des legendären Jazzgitarristen Django Reinhardt Pate gestanden haben, und wie dieses setzt sich das Ensemble nur aus Saiteninstrumenten zusammen. Bandleader Frank Wekenmann brilliert an der Gitarre und zeichnet für die Arrangements verantwortlich. Mit David Orlowskys Klezmorim trat er seinerzeit in ganz Europa auf. Matthias Buck gibt den Teufelsgeiger. Er ist Orchestermusiker bei der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und hat auch schon mit Xavier Naidoo und Paul McCartney zusammengearbeitet. Für die ganz tiefen Töne sorgt Steffen Hollenweger am Kontrabass. Wie die anderen spielt auch er noch in anderen Formationen und räumte mit seinem Trio mehrere Preise ab. Vierter im Bunde ist Gitarrist, Bariton und Songschreiber James Geier mit schottisch-irischen Wurzeln. Sie alle sind studierte Musiker.
Französische Chansons stehen auf dem Programm der Hot Club Harmonists, Gypsy Swing und Balkanklänge. Los geht es mit „Paris s'éveille“und „Si tu vois ma mère“. Auf den Gesichtern der Zuhörer macht sich Lächeln breit, Füße wippen. Die Akustik in dem alten Gemäuer ist hervorragend.
Gesang in 17 Sprachen
Nun erst gesellt sich die charismatische Sängerin Katalin Horváth zu ihnen, ein temperamentvolles Energiebündel mit einer Stimme, die man ihr aufgrund ihrer zierlichen Erscheinung nicht zutraut. Zunächst einmal singt sie unter Mitwirkung des Publikums ein Lied über die Liebe einer jungen ungarischen Reisenden und eines arabischen Schaffners: „Hoppá!“heißt es, was das Rattern des Zuges über die Schienen verdeutlichen soll. Es folgt ein Lied auf Sinti. Den „Chanson d'Hélène“, den Romy Schneider im Film „Die Dinge des Lebens“singt, trägt sie in französischer Sprache vor, im Duett mit James Geier singt sie a cappella auf serbisch. In 17 Sprachen hat sie schon gesungen, auch wenn sie nicht alle fließend spricht. Vor einem Lied erklärt sie jeweils den Inhalt.
Horváths Leben ist voller Brüche. Bereits als Kind von dem Wunsch beseelt, Sängerin zu werden, genoss sie zunächst eine hervorragende Ausbildung. Mit dem Eintritt in die Kirche verbaute sie sich jedoch, in Ostdeutschland lebend, ihre Karriere. Das Studium blieb ihr verwehrt, der erlernte Beruf passte nicht zu ihr. Nach der Wende zog sie nach Ludwigsburg und wäre um ein Haar nach Ungarn abgeschoben worden, obwohl sie dort weder geboren noch aufgewachsen war. Sie holte das Abitur nach und absolvierte ein Lehramtsstudium. Zu ihrem Glück und auch zu dem des Publikums fand sie letzten Endes aber doch noch zur Musik. Dies habe sie ihrem Lebenspartner Frank Wekenmann zu verdanken, sagt sie. Es sei nicht immer leicht gewesen, aber: „Wenn ich singe, fühle ich mich frei.“
Das Programm in der Alten Kirche ist von Vielfalt geprägt, aber stets sehr leidenschaftlich, gefühlvoll und eindringlich. Ob mit „Sympathique“von Pink Martini, mit der rasanten „Mademoiselle de Bucarest“oder dem extrem schwermütigen „Gloomy Sunday“, die Hot Club Harmonists berühren und verzücken die Zuhörer mit ihrer mitreißenden Musik. Pfiffe und Beifall verlangen am Ende nach einer Zugabe.