Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Pfahlbauten beteiligen sich mit Veranstaltungsreihe am Kulturerbejahr
Die Alltagsgeschichte der europäischen Historie wird nähergebracht
UHLDINGEN-MÜHLHOFEN - Europa ist keine Erfindung der Neuzeit. „Schon vor 6000 Jahren gab es in ganz Europa Handelswege“, sagt Gunter Schöbel, Museumsdirektor der Pfahlbauten in Unteruhldingen. Anlässlich des Kulturerbejahres 2018, das vom Bundesministerium für Kultur und Medien bezuschusst wird, erweitert das Pfahlbaumuseum in diesem Sommer sein erlebnispädagogisches Angebot. Unter dem Motto „Experimentelle Archäologie aus Europa“sind acht Programme ins Leben gerufen worden, bei denen Wissensvermittlung und das Mitmachen im Mittelpunkt stehen.
Salz und Bronze
Mit gut 90 000 Euro vom Bundesministerium und weiteren 40 000 Euro Eigenmitteln möchte das Museum europäisches Kulturgut erlebbar machen. Bei der experimentellen Archäologie werden handwerkliche Fähigkeiten erforscht, die für die Gewinnung und Verarbeitung von Feuerstein, Kupfer, Bernstein, Glas, Textilien aber auch Zinn, Eisen, Geweihe, Knochen, Holz und Fasern bekannt waren. Bei der Veranstaltungsreihe besuchen sich Spezialisten aus verschiedenen europäischen Ländern und demonstrieren, wie Menschen sich schon vor 6000 Jahren mit einfachen Mitteln zu helfen wussten.
Den Auftakt der Serie machten die Themen Salz und Kupfer. Seit Pfingsten demonstrieren die Archäologen Martin Hees und Werner Fasnacht vom Landesmuseum Zürich täglich wie Salz gewonnen und Kupfer gegossen wurden. Im Steinzeitpark des Museumsgeländes haben die Archäologen ihre Öfen aufgebaut. Martin Hees benötigt für die Salzgewinnung kleine Tontöpfe. Unterhalb der Töpfe lodert ein kleines Feuer. Mit Bedacht füllt er immer wieder kleine Mengen Salzwasser in die Tontöpfe. Durch die beständige Hitze von 100 Grad verdampft das Wasser und das Salz bleibt im Topf zurück. „Das ist eine vorrömische Methode“, erklärt Hees. So wurde auch in Schwäbisch Hall aus einer salzhaltigen Quelle das Wasser aufgefangen und das Salz daraus gewonnen. Neun Stunden braucht es bis zur Gewinnung von 200 Gramm Salz. Ein wertvolles Handelsgut und wichtig zur Konservierung von Fleisch und Fisch.
Sein Kollege Fasnacht hat mithilfe zweier Studentinnen einen Ofen und dazugehörige Blasebälge nachgebaut. Im Ofen schmilzt in einem Tontopf Bronze. Während Studentin Sonia Perena kontinuierlich die Blasbalge betätigt, um das Feuer zu entfachen, hält Studentin Stefanie Steiner die beiden Steinformen zusammen, in dessen Mitte sich die Hohlform für die Pfeilspitzen befindet, die gegossen werden sollen. Ein besonderer Moment, so Fasnacht, als er die Bronze in die Form gießt.
Martin Hees und Werner Fasnacht machten den Auftakt der Veranstaltungsreihe, die sich ab morgen dem Thema Holz und Fasern widmet. Museumsdirektor Schöbel ist mehr als zufrieden: „Wir hatten in den ersten drei Tagen bereits 7500 Besucher.“In Deutschland würden sich allein 200 Institutionen an dem Kulturerbejahr beteiligen, in Frankreich gar 300 und „jedes europäische Land macht mit“, betont er. Es sei ein wichtiger Beitrag, um das gemeinsame kulturelle Erbe zu bewahren und zu entdecken.