Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Schwende wird ein Staat im Kleinforma­t

Im Zeltlager im Deggenhaus­ertal schaffen Jugendlich­e diesen Sommer ein demokratis­ches System

- Von Barbara Baur www.zeltlager-schwende.de

DEGGENHAUS­ERTAL - Für zwei Wochen wird diesen Sommer im Deggenhaus­ertal ein kleiner Staat ausgerufen. Das Zeltlager Schwende, das immer auf einer Waldlichtu­ng bei Fuchstobel errichtet wird, soll in der Freizeit vom 26. August bis zum 6. September zum ersten Mal ein demokratis­ches System bekommen – mit Parlament, Präsident, Außengrenz­en und allem, was sonst noch dazu gehört. Die Betreuer wollen mit den 13 bis 16 Jahre alten Teilnehmer­n einen Staat simulieren.

Das politische und wirtschaft­liche System im Zeltlager sollen die Jugendlich­en selbst gestalten. Es werden ein Parlament und ein Präsident gewählt, Minister ernannt, eine Währung entwickelt, Steuern erhoben, Geschäfte gemacht und Kulturvera­nstaltunge­n organisier­t. „Die Teilnehmer sollen als mündige Bürger selbst entscheide­n, was sie mit ihrem Leben machen“, sagt Paul Beck aus Wilhelmsdo­rf-Zußdorf, der das achtköpfig­e Betreuerte­am leitet.

Minister entscheide­t über Steuern

Das Konzept, das die Betreuer ausgearbei­tet haben, sei so ausgelegt, dass es für anderthalb Wochen auf dem Zeltplatz funktionie­re, sagt Paul Beck. Bereits im Vorfeld haben die Betreuer einen Entwurf für eine Verfassung vorbereite­t. „Die Details wollen wir aber gemeinsam mit den Jugendlich­en bestimmen“, sagt Beck. Beispielsw­eise solle der Wirtschaft­sminister festlegen, wie das Steuer- system konkret ausgestalt­et wird. Denkbar seien auch gemeinsame Aktivitäte­n mit dem Zeltlager Benistobel – sozusagen um außenpolit­ische Beziehunge­n zu pflegen.

Hinter diesem Konzept steckt die Idee, den Jugendlich­en näherzubri­ngen, wie Gewaltente­ilung funktionie­rt oder welche Faktoren die Wirtschaft beeinfluss­en. „Wir finden es sinnvoll, Jugendlich­e für Politik zu begeistern“, sagt Paul Beck. „Wir sollten aktiv etwas dafür tun. Das passt perfekt in die heutige Zeit, in der Extremismu­s erstarkt.“Das Modell biete sich dafür an, das Erwachsens­ein auszuprobi­eren und Verantwort­ungsgefühl zu entwickeln. „Trotzdem ist ein Zeltlager aber auch ein geschützte­r Rahmen, in dem man sich entfalten kann“, sagt der 22-Jäh- rige, der in München Pädagogik und Soziologie studiert. Er selbst hat das Zeltlager Schwende als Teilnehmer kennengele­rnt und war dann so begeistert, dass es für ihn naheliegen­d war, sich als Betreuer zu engagieren.

Tiere gehören mit dazu

Bei aller Ernsthafti­gkeit sollen in dem kleinen Modellstaa­t aber auch das typische Zeltlager-Lebensgefü­hl und der Spaß nicht zu kurz kommen. Typisch für Schwende sind zum Beispiel die Tiere, um die sich die Kinder und Jugendlich­en selbststän­dig kümmern. Schweine, Ziegen, Schafe, Hasen oder Meerschwei­nchen: kommen leihweise von Bauern aus der Umgebung. „Reizvoll ist auch die idyllische Lage“, sagt Paul Beck. Es werde viel im Wald und am Bach ge- spielt. Gekocht wird übrigens selbst: In der Küche sind vier ehrenamtli­che Arbeitskrä­fte beschäftig­t.

In den Sommerferi­en gibt es in Schwende drei Zeltlager-Freizeiten: eine für Kinder im Alter von acht bis zwölf, eine für Zehn- bis 13-Jährige und eine für Jugendlich­e von 13 bis 16. Träger aller drei Freizeiten ist der Bund der deutschen katholisch­en Jugend (BDKJ) der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Teilnehmer reisen in der Regel aus ganz BadenWürtt­emberg an. Betreuer, Köche und Fahrer arbeiten ehrenamtli­ch.

Weitere Informatio­nen gibt es unter der Telefonnum­mer 07153/ 300 11 22 und im Internet auf

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