Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Landgericht verhängt Haftstrafen für Drogendealer
Zwei Männer aus Pfullendorf müssen für sieben beziehungsweise fünf Jahre ins Gefängnis
PFULLENDORF/HECHINGEN - Das Landgericht Hechingen hat am Mittwoch zwei Drogendealer aus Pfullendorf zu Haftstrafen verurteilt. Ein 38-jähriger Angeklagter muss wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen für sieben Jahre ins Gefängnis. Außerdem legte ihm der Vorsitzende Richter Hannes Breucker dringend den anderthalbjährigen Aufenthalt in einer Entzugsklinik ans Herz, um seine Alkohol- und Drogensucht zu bekämpfen. Einen weiteren, 25-jährigen Angeklagten verurteilte das Gericht zu vier Jahren Haft. Er hatte dem 38-Jährigen bis zu fünf Kilogramm Marihuana ab- und dann weiterverkauft. Außerdem half er bei einem Scheingeschäft, bei dem der 38Jährige 30 Kilogramm Drogen an verdeckte Ermittler verkaufte.
Zu Beginn des fünften Verhandlungstags hatten Staatsanwalt Kalmbach und die Verteidiger ihre Plädoyers vorgetragen. Kalmbach betonte unter anderem die Schwere des Scheingeschäfts am 29. November 2017, bei dem 30 Kilogramm Marihuana übergeben wurden – die größte, jemals verhandelte Menge an Betäubungsmitteln im Gerichtsbezirk. Wären die Drogen in Umlauf gekommen, hätten damit 315 000 Konsu- menten versorgt werden können.
Mehrfach geprahlt
Gegenüber den verdeckten Ermittlern habe der 38-Jährige mehrfach damit geprahlt, auch kurzfristig 20 Kilogramm Marihuana oder mehr beschaffen zu können, sagte Kalmbach. „Dann darf man sich auch nicht wundern, wenn sie tatsächlich mal 30 Kilogramm bestellen.“Unterm Strich forderte der Staatsanwalt neun Jahre Gefängnis.
Eine Strafe von nicht mehr als drei Jahren forderte hingegen Verteidiger Peter Rusch. Ursprünglich habe sich sein Mandant Kokain für die eigene Sucht beschaffen wollen, sagte er. Erst unter dem Einfluss der Ermittler sei der 38-Jährige zum Verkäufer geworden. Diese hätten zudem die große Menge der Drogen erst ins Spiel gebracht und dann aufgestockt. Das Bundesverfassungsgericht habe in einem Fall ähnlicher Größenordnung einen deutlichen Strafrabatt ge- fordert. Abgesehen von zwei weite- ren Scheingeschäften sei die Größenordnung der übrigen Geschäfte unklar geblieben. Zugunsten seines Mandanten gehe er von einer „nicht dramatisch großen“Gesamtmenge von zwei bis drei Kilogramm aus.
Hannes Breucker betonte, dass der 38-Jährige in kürzester Zeit Zugriff auf erhebliche Mengen Marihuana gehabt habe. Zum Fall des Bundesverfassungsgerichts, den Pe- ter Rusch ins Spiel gebracht hatte, ge- be es einen entscheidenden Unterschied: Schon vor dem Kontakt zu den verdeckten Ermittlern habe der 38-Jährige Zugang zu Drogen gehabt. „Auch wenn die Polizei die Mengen hochgejubelt hat: Sie sind darauf eingestiegen“, sagte Breucker. Zudem gehe er eher davon aus, dass der 38Jährige bei den weiteren Geschäften insgesamt bis zu fünf Kilogramm Marihuana verkauft habe.
Eigene Sucht als Antrieb
Strafmildernd berücksichtigte der Richter die Alkohol- und Drogensucht des Angeklagten. „Diese ist das Grundübel“, sagte Hannes Breucker. „Ohne die Sucht hätten Sie die Taten nicht begangen.“Zudem handele es sich bei Marihuana zwar nicht um eine ungefährliche, aber um eine weiche Droge. Außerdem seien die 30 Kilogramm des Scheingeschäfts nie tatsächlich in Umlauf gekommen.
Für den 25-jährigen Angeklagten hatte der Staatsanwalt fünf Jahre Haft gefordert. Sein Geständnis wertete er als deutlich strafmildernd. Zur Last legte er ihm aber, dass er die Einnahmen aus den Drogengeschäften in den Kauf eines Hauses und eines Autos investierte. Zudem habe er seine Wohnung als Drogenversteck zur Verfügung gestellt und bei der Vorbereitung des 30-Kilogramm-Deals geholfen. Verteidiger Dieter Arndt, der eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten forderte, bezeichnete seinen Mandanten als „Mitläufer“. Das sofortige Geständnis des 25Jährigen sei hoch zu werten.
Hannes Breucker wies darauf hin, dass der 25-Jährige mit dem Verkauf der Drogen „ganz gutes Geld verdient“habe. Zudem seien die fünf Kilogramm Rauschgift tatsächlich in Umlauf gekommen – anders als bei den Geschäften mit den verdeckten Ermittlern. Die Beihilfe zum 30-Kilogramm-Geschäft sei eine „RiesenDummheit“gewesen, die übrigen Taten „kriminell“, sagte der Richter. Der 25-Jährige habe mit dem Leid anderer Menschen Geld verdient. Alles in allem gab Breucker aber eine optimistische Prognose ab. „Wir glauben, dass Sie viel gelernt haben und nicht mehr vor Gericht erscheinen – wenn Sie ihre eigenen Probleme in den Griff bekommen“, sagte er.