Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kritische Zeit für Jungstörche
Beringung im Nest auf der Pauluskirche – Schafskälte könnte zum Problem werden
MENGEN - Storchenbeauftragte Ute Reinhard hat am Dienstag den Storchennachwuchs auf der evangelischen Pauluskirche beringt. Sie musste mit Hilfe der Feuerwehr Mengen gleich zwei Mal ran: Im Nest der Beizkofer Störche saßen zwei Jungtiere, im Nest der Ablacher Störche drei Jungvögel.
Der Zustand der jungen Störche sei ganz gut, so Ute Reinhard nach der Beringung. „Sie dürften ein bisschen schwerer sein“, ergänzte sie. Die Tiere wiegen jeweils zwischen 2,4 und 2,85 Kilogramm. Allerdings, sichergestellt ist das Überleben der Jungstörche noch nicht. „Jetzt kommt eine kritische Zeit, sie werden nicht mehr abgedeckt von den Eltern“, sagte Reinhard mit Blick auf eine möglich noch kommende sogenannte Schafskälte. Sie seien inzwischen zu groß, um von den Eltern abgedeckt werden zu können.
Der Storchenexperte Manfred Stützel hat die beiden Nester auf der Pauluskirche genau beobachtet. Seinen Aufzeichnungen zufolge schlüpften die Jungstörche im Ablacher Nest um den 23. April. Er konnte vier lebende Jungvögel feststellen. Am 7. Mai waren es noch drei Jungvögel. „Diese haben sich alle drei beim Fressen einer Maus ohne Erfolg ausprobiert und mussten den teilweise geschluckten Leckerbissen wieder auswürgen“, schreibt Stützel in seinen Unterlagen.
Woher die Namen kommen
Das Ablacher Nest heißt so, weil die Elterntiere früher in KrauchenwiesAblach brüteten. Das andere Nest auf der Kirche ist das Beizkofer Nest, weil diese Störche wiederum früher am Ortseingang Hohentengen-Beizkofen ansässig waren. Beim Beizkofer Nest hat Stützel bis zum 4. Mai noch vier Jungvögel beobachtet. Am 11. Mai waren es noch drei, am 16. Mai noch zwei Jungstörche. Auch die Störche haben ihren eigenen Kopf, Verhaltensweisen unterscheiden sich deutlich. Wie Ute Reinhard berichtet, gebe es Elterntiere, die fleißig jede Brutsaison ihr Stammnest verstärken und dieses folglich immer höher und schwerer wird. Andere Störche handhaben das gemütlicher: „Manche sind furchtbar faul“, hat Ute Reinhard beobachtet, sprich sie erledigen nur das Nötigste, um das Nest instandzuhalten.
Die Nachwuchssituation der Störche in der Region ist dieses Jahr nach derzeitigem Stand laut Reinhard generell gut. Auch wenn es inzwischen einige Storchennester gibt, von den Nachwuchszahlen früherer Zeiten ist man trotzdem weit entfernt. In der vergangenen Saison habe es in Baden-Württemberg einen durchschnittlichen Bruterfolg von 1,7 Tieren pro Brutpaar gegeben, teilte Reinhard mit. „Es sollten eigentlich mindestens zwei sein“, meinte sie mit Blick auf diese Kennzahl. „Früher waren es in Oberschwaben fast drei.“
Vor Jahrzehnten war der Storch vom Aussterben bedroht. Dass die Population wieder zunahm, liege hauptsächlich daran, dass der Vogelzug Richtung Afrika nicht mehr so gefährlich sei wie früher. Die Störche könnten sich beispielsweise auf Müllkippen in Spanien mit Nahrung stärken, andere wiederum ziehen gar nicht weg und überwintern hier.