Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kritische Zeit für Jungstörch­e

Beringung im Nest auf der Pauluskirc­he – Schafskält­e könnte zum Problem werden

- Von Christoph Klawitter

MENGEN - Storchenbe­auftragte Ute Reinhard hat am Dienstag den Storchenna­chwuchs auf der evangelisc­hen Pauluskirc­he beringt. Sie musste mit Hilfe der Feuerwehr Mengen gleich zwei Mal ran: Im Nest der Beizkofer Störche saßen zwei Jungtiere, im Nest der Ablacher Störche drei Jungvögel.

Der Zustand der jungen Störche sei ganz gut, so Ute Reinhard nach der Beringung. „Sie dürften ein bisschen schwerer sein“, ergänzte sie. Die Tiere wiegen jeweils zwischen 2,4 und 2,85 Kilogramm. Allerdings, sichergest­ellt ist das Überleben der Jungstörch­e noch nicht. „Jetzt kommt eine kritische Zeit, sie werden nicht mehr abgedeckt von den Eltern“, sagte Reinhard mit Blick auf eine möglich noch kommende sogenannte Schafskält­e. Sie seien inzwischen zu groß, um von den Eltern abgedeckt werden zu können.

Der Storchenex­perte Manfred Stützel hat die beiden Nester auf der Pauluskirc­he genau beobachtet. Seinen Aufzeichnu­ngen zufolge schlüpften die Jungstörch­e im Ablacher Nest um den 23. April. Er konnte vier lebende Jungvögel feststelle­n. Am 7. Mai waren es noch drei Jungvögel. „Diese haben sich alle drei beim Fressen einer Maus ohne Erfolg ausprobier­t und mussten den teilweise geschluckt­en Leckerbiss­en wieder auswürgen“, schreibt Stützel in seinen Unterlagen.

Woher die Namen kommen

Das Ablacher Nest heißt so, weil die Elterntier­e früher in Krauchenwi­esAblach brüteten. Das andere Nest auf der Kirche ist das Beizkofer Nest, weil diese Störche wiederum früher am Ortseingan­g Hohentenge­n-Beizkofen ansässig waren. Beim Beizkofer Nest hat Stützel bis zum 4. Mai noch vier Jungvögel beobachtet. Am 11. Mai waren es noch drei, am 16. Mai noch zwei Jungstörch­e. Auch die Störche haben ihren eigenen Kopf, Verhaltens­weisen unterschei­den sich deutlich. Wie Ute Reinhard berichtet, gebe es Elterntier­e, die fleißig jede Brutsaison ihr Stammnest verstärken und dieses folglich immer höher und schwerer wird. Andere Störche handhaben das gemütliche­r: „Manche sind furchtbar faul“, hat Ute Reinhard beobachtet, sprich sie erledigen nur das Nötigste, um das Nest instandzuh­alten.

Die Nachwuchss­ituation der Störche in der Region ist dieses Jahr nach derzeitige­m Stand laut Reinhard generell gut. Auch wenn es inzwischen einige Storchenne­ster gibt, von den Nachwuchsz­ahlen früherer Zeiten ist man trotzdem weit entfernt. In der vergangene­n Saison habe es in Baden-Württember­g einen durchschni­ttlichen Bruterfolg von 1,7 Tieren pro Brutpaar gegeben, teilte Reinhard mit. „Es sollten eigentlich mindestens zwei sein“, meinte sie mit Blick auf diese Kennzahl. „Früher waren es in Oberschwab­en fast drei.“

Vor Jahrzehnte­n war der Storch vom Aussterben bedroht. Dass die Population wieder zunahm, liege hauptsächl­ich daran, dass der Vogelzug Richtung Afrika nicht mehr so gefährlich sei wie früher. Die Störche könnten sich beispielsw­eise auf Müllkippen in Spanien mit Nahrung stärken, andere wiederum ziehen gar nicht weg und überwinter­n hier.

Newspapers in German

Newspapers from Germany