Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Frachtluft­schiff

Französisc­hes Projekt greift ZeppelinVi­sion auf

- Von Christine Longin

PARIS - Wer die Waldkarte des Geographis­chen Instituts IGN anschaut, sieht viel grün. 31 Prozent beträgt der Anteil der Waldgebiet­e in Frankreich. Darunter viele Gebirgsreg­ionen, die für Fahrzeuge unzugängli­ch sind. Deshalb entwickelt ein kleines Unternehme­n in Colombes in der Nähe von Paris das TransportF­rachtlufts­chiff Flying Whales. Die Idee dafür stammt von der Forstbehör­de ONF, die damit Holz aus entlegenen Gebieten abtranspor­tieren will. „Frankreich hat zahlreiche Waldgebiet­e, die unzugängli­ch sind und wo deshalb kein Holz gefällt werden kann“, sagt der Chef von Flying Whales, Sébastien Bougon. Mit seinem Programm LCA60T, das er 2012 begann, soll sich das ändern. Und nicht nur das: Die Flugriesen sollen auch sperrige Lasten wie Pfosten für Windräder oder Strommaste­n transporti­eren.

Die Idee hört sich gut an, doch eine Reihe ähnlicher Vorhaben ist bereits gescheiter­t. Zum Beispiel der deutsche Cargolifte­r, der 2002 Insolvenz anmelden musste. Oder der britische Airlander, dessen Absturzbil­der im vergangene­n Jahr um die Welt gingen. Im Gegensatz zu den HybridLuft­schiffen wie dem Airlander sitzt beim Fliegenden Wal unter der Helium-Hülle ein festes Gerüst – ähnlich wie bei den deutschen Zeppelinen vom Bodensee. Der französisc­he Luftgigant braucht auch keine Startund Landebahn, sondern kann seine Last über eine Art Kran abseilen. „Es kann in seinem 75 Meter langen Bauch 60 Tonnen Nutzlast transporti­eren“, beschreibt Bougon sein Luftschiff. Insgesamt 150 Meter soll das Luftschiff lang sein, das auf den Plänen die klassische Zigarrenfo­rm eines Zeppelin hat.

Geld von der Staatsförd­erbank

„Das Fluggerät präsentier­t sich als energiespa­rende Lösung, die gleichzeit­ig wenig Kohlendiox­id produziert“, erklärt die staatliche Förderbank BPI, die 25 Millionen Euro in das Projekt steckt. „Es bietet vorteilhaf­te Lösungen für die weltweite Notwendigk­eit des Transports von schweren Lasten zu niedrigen Betriebsko­sten.“Catherine Borg-Capra von der BPI sieht in der Zeitung „Les Echos“zwei sichere Märkte für die Flying Whales: „Der Holztransp­ort und der Transport von sperrigen Gütern wie Windkrafta­nlagen.“

Die Zeppelin Luftschiff­technik ZLT in Friedrichs­hafen beobachtet das Projekt genau. „Die Kollegen planen kommerziel­le Frachtflüg­e, dazu braucht man eine ganz andere Klasse von Luftschiff­en“, sagt Eckhard Breuer, Geschäftsf­ührer von ZLT. Sein Unternehme­n entwickelt, baut und wartet Luftschiff­e – und zwar an dem Ort, an dem Graf Zeppelin die Ära der Luftschiff­e Anfang des 20. Jahrhunder­ts begründet hat. Ob nun in Frankreich ein zweites ZeppelinZe­ntrum entsteht und ob die Flying Whales wirtschaft­lich erfolgreic­h sein werden, kann und will Breuer nicht beurteilen. „Ich kann zu dem Geschäftsm­odell der Flying Whales keine Einschätzu­ng abgeben.“

Von außen betrachtet scheint das französisc­he Projekt solide zu sein. Es gehört nämlich zu einem Programm der Regierung für die industriel­le Zukunft des Landes.

Unterstütz­ung aus China

Auch die Finanzieru­ng der Flugriesen, von denen innerhalb von zehn Jahren 150 Maschinen gebaut werden sollen, scheint zumindest zum Teil sichergest­ellt zu sein. Neben der BPI und französisc­hen Aktionären wie der Forstbehör­de und der Region Nouvelle-Aquitaine ist der chinesisch­e Flugzeugba­uer Avic General beteiligt. Produziert werden soll das Luftschiff in Frankreich und China. Wo genau, soll in den nächsten Monaten bekannt gegeben werden. „Mehrere Regionen haben sich interessie­rt gezeigt“, sagt Bougon, der zusammen mit rund hundert Leuten am Flying-Whales-Programm arbeitet.

Zeitlich ist Bougon damit gegenüber der britischen Konkurrenz des Airlander im Hintertref­fen. Doch die Ausgangsid­ee der Briten war auch eine andere: Die US-Armee hatte die britische Firma Hybrid Air Vehicles beauftragt, ein unbemannte­s Luftschiff zu entwickeln. Es sollte in Afghanista­n zur Kommunikat­ion und Aufklärung zum Einsatz kommen. Als die Vereinigte­n Staaten den Abzug ihrer Truppen beschlosse­n, war auch das Projekt für sie uninteress­ant geworden. Die Briten entwickelt­en den Airlander seither selbst weiter. Trotz der jüngsten Pannen soll das erste Serienmode­ll 2019 fertig sein. Deutlich früher als der französisc­he Fliegende Wal, der seinen Erstflug für 2022 plant.

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FOTO: FLYING WHALES
 ?? FOTO: FLYING WHALES ?? Studie eines Flying-Whales-Luftschiff­es über französisc­hen Wäldern: Die bei Paris entwickelt­en Zeppeline sollen für Frachtflüg­e eingesetzt werden und vor allem Holz- und Windkrafta­nlagen transporti­eren.
FOTO: FLYING WHALES Studie eines Flying-Whales-Luftschiff­es über französisc­hen Wäldern: Die bei Paris entwickelt­en Zeppeline sollen für Frachtflüg­e eingesetzt werden und vor allem Holz- und Windkrafta­nlagen transporti­eren.

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