Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Tiefer Einschnitt im Kreis der G7-Länder
Im Streit um Strafzölle sind die USA isoliert – EU und Kanada klagen vor WTO
WHISTLER (dpa) - Im Streit um Strafzölle wollen die EU und Kanada dem US-Präsidenten Donald Trump Seite an Seite die Stirn bieten. Wenige Tage vor dem Gipfel der sieben führenden Industriestaaten (G7) habe US-Finanzminister Steven Mnuchin beim Treffen der G7-Finanzminister und Notenbankenchefs eine unmissverständliche Botschaft mit auf den Weg bekommen, berichteten Teilnehmer. Nach der EU reichte auch Kanada Klage bei der Welthandelsorganisation WTO ein.
Sechs der sieben G7-Staaten forderten eine rasche Reaktion der USA. „Der Ball ist nun eindeutig im Feld der Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno le Maire. Es sei jetzt an der US-Regierung, den „richtigen Schritt in die richtige Richtung zu tun“.
„Die Grundlage der weltweiten Zusammenarbeit sind Regeln“, sagte der deutsche Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) zum Abschluss des Treffens im kanadischen Whistler. Dafür hätten auch die USA lange Zeit gestanden. „Es ist bemerkenswert und bedrückend, dass sie jetzt nicht mehr diese Regeln beachten wollen.“Die Zölle seien nach Sicht aller Beteiligten mit „den Regeln, die wir weltweit gefunden haben, nicht vereinbar und rechtswidrig“. So ein schwerer Dissens sei ungewöhnlich in der G7-Gruppe. Es sei an den USA, wie sie auf die geplanten Reaktionen antworten werden.
Von einem tiefen Einschnitt im G7Bündnis war bei Teilnehmern die Rede. Wichtig sei, dass die EU geschlossen agiere und ein Zurückfallen in das 19. Jahrhundert mit Zollschranken und Protektionismus vermeide.
Jenseits dieser grundsätzlichen Einschätzung rechnet die Bundesregierung allerdings vorerst kaum mit Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Der Schaden für die deutschen Stahlkocher werde sich in Grenzen halten, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der „Welt am Sonntag“. „Ich glaube, dass die Stahlexporteure aus Deutschland qualitativ so hochwertige Stähle für spezielle Anwendungen liefern, dass die USAbnehmer gar nicht darauf verzichten können und die deutsche Seite nicht um ihre Marktanteile fürchten muss.“Die amerikanischen Unternehmen hätten weiterhin ein hohes Interesse an zollfreiem Spezial-Stahl aus Deutschland. Welche Folgen sich konkret ergäben, hänge davon ab, „wie die USA die Maßnahmen umsetzen und in welchem Umfang amerikanische Firmen Ausnahmeregelungen beantragen werden, was nach dem US-Recht möglich ist.“Sowohl Kanada als auch die EU reichten Klage bei der Welthandelsorganisation WTO gegen die US-Sonderzölle ein und wollen Vergeltungszölle zum Beispiel auf Agrarprodukte erheben. Dies könnten insbesondere ländliche Regionen in den USA zu spüren bekommen, wo Trump viele Anhänger hat. „Kanada wird eng mit der Europäischen Union zusammenarbeiten“, sagte Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland.
China warnt USA
Am Samstag untermauerte Trump mehrfach seine Haltung, wonach die USA von anderen Ländern ausgenutzt worden seien. Wenn man ein Handelsdefizit von jährlich 800 Milliarden US-Dollar habe, könne man auch keinen Handelskrieg verlieren, schrieb Trump.
Zudem sind die USA mit China über Kreuz: Nach einem Gespräch zwischen dem chinesischen VizePremierminister Liu He und US-Handelsminister Wilbur Ross gab China ein deutliches Warnsignal an Washington ab. Ein etwaiges Handelsabkommen, über das die beiden Regierungen derzeit verhandeln, werde „nicht in Kraft treten“, wenn Washington angedrohte Zölle auf chinesische Importe erlasse, hieß es in einer Mitteilung der chinesischen Regierung, die die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Sonntag veröffentlichte.