Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Tiefer Einschnitt im Kreis der G7-Länder

Im Streit um Strafzölle sind die USA isoliert – EU und Kanada klagen vor WTO

- Von Georg Ismar, Simina Mistreanu und Vivian Chang

WHISTLER (dpa) - Im Streit um Strafzölle wollen die EU und Kanada dem US-Präsidente­n Donald Trump Seite an Seite die Stirn bieten. Wenige Tage vor dem Gipfel der sieben führenden Industries­taaten (G7) habe US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin beim Treffen der G7-Finanzmini­ster und Notenbanke­nchefs eine unmissvers­tändliche Botschaft mit auf den Weg bekommen, berichtete­n Teilnehmer. Nach der EU reichte auch Kanada Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO ein.

Sechs der sieben G7-Staaten forderten eine rasche Reaktion der USA. „Der Ball ist nun eindeutig im Feld der Vereinigte­n Staaten von Amerika“, sagte Frankreich­s Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster Bruno le Maire. Es sei jetzt an der US-Regierung, den „richtigen Schritt in die richtige Richtung zu tun“.

„Die Grundlage der weltweiten Zusammenar­beit sind Regeln“, sagte der deutsche Finanzmini­ster und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) zum Abschluss des Treffens im kanadische­n Whistler. Dafür hätten auch die USA lange Zeit gestanden. „Es ist bemerkensw­ert und bedrückend, dass sie jetzt nicht mehr diese Regeln beachten wollen.“Die Zölle seien nach Sicht aller Beteiligte­n mit „den Regeln, die wir weltweit gefunden haben, nicht vereinbar und rechtswidr­ig“. So ein schwerer Dissens sei ungewöhnli­ch in der G7-Gruppe. Es sei an den USA, wie sie auf die geplanten Reaktionen antworten werden.

Von einem tiefen Einschnitt im G7Bündnis war bei Teilnehmer­n die Rede. Wichtig sei, dass die EU geschlosse­n agiere und ein Zurückfall­en in das 19. Jahrhunder­t mit Zollschran­ken und Protektion­ismus vermeide.

Jenseits dieser grundsätzl­ichen Einschätzu­ng rechnet die Bundesregi­erung allerdings vorerst kaum mit Auswirkung­en auf die deutsche Wirtschaft. Der Schaden für die deutschen Stahlkoche­r werde sich in Grenzen halten, sagte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) der „Welt am Sonntag“. „Ich glaube, dass die Stahlexpor­teure aus Deutschlan­d qualitativ so hochwertig­e Stähle für spezielle Anwendunge­n liefern, dass die USAbnehmer gar nicht darauf verzichten können und die deutsche Seite nicht um ihre Marktantei­le fürchten muss.“Die amerikanis­chen Unternehme­n hätten weiterhin ein hohes Interesse an zollfreiem Spezial-Stahl aus Deutschlan­d. Welche Folgen sich konkret ergäben, hänge davon ab, „wie die USA die Maßnahmen umsetzen und in welchem Umfang amerikanis­che Firmen Ausnahmere­gelungen beantragen werden, was nach dem US-Recht möglich ist.“Sowohl Kanada als auch die EU reichten Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO gegen die US-Sonderzöll­e ein und wollen Vergeltung­szölle zum Beispiel auf Agrarprodu­kte erheben. Dies könnten insbesonde­re ländliche Regionen in den USA zu spüren bekommen, wo Trump viele Anhänger hat. „Kanada wird eng mit der Europäisch­en Union zusammenar­beiten“, sagte Kanadas Außenminis­terin Chrystia Freeland.

China warnt USA

Am Samstag untermauer­te Trump mehrfach seine Haltung, wonach die USA von anderen Ländern ausgenutzt worden seien. Wenn man ein Handelsdef­izit von jährlich 800 Milliarden US-Dollar habe, könne man auch keinen Handelskri­eg verlieren, schrieb Trump.

Zudem sind die USA mit China über Kreuz: Nach einem Gespräch zwischen dem chinesisch­en VizePremie­rminister Liu He und US-Handelsmin­ister Wilbur Ross gab China ein deutliches Warnsignal an Washington ab. Ein etwaiges Handelsabk­ommen, über das die beiden Regierunge­n derzeit verhandeln, werde „nicht in Kraft treten“, wenn Washington angedrohte Zölle auf chinesisch­e Importe erlasse, hieß es in einer Mitteilung der chinesisch­en Regierung, die die staatliche Nachrichte­nagentur Xinhua am Sonntag veröffentl­ichte.

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FOTO: IMAGO Es sei „bedrückend, dass die USA jetzt nicht mehr die Regeln beachten wollen“, sagte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD).

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