Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Geplatzte Träume
Der Plan einer Serienproduktion von Luftschiffen am Bodensee ist gescheitert
FRIEDRICHSHAFEN - Mit dem Bau von Zeppelinen Geld zu verdienen, eine Serienproduktion der majestätischen Luftschiffe aufzubauen, diese Idee hatte nicht nur der Flying-Whales-Chef Sébastien Bougon. Auch am Bodensee träumten die Gründer der Zeppelin Luftschifftechnik GmbH (ZLT) mit Sitz in Friedrichshafen diesen Traum, als sie das Unternehmen Mitte der 1990er-Jahre gründeten. Doch das Vorhaben war zu optimistisch angelegt, der Markt für die rund 15 Millionen Euro teuren Zeppeline NT – NT steht für Neue Technologie – war bei Weitem nicht so groß, wie sich das die Zeppelin-Enthusiasten erhofften. Gerade mal acht Luftschiffe sind seit 1993 in Friedrichshafen entstanden. Und die meiste Zeit schrieb das Unternehmen Verluste.
Verluste über viele Jahre
Ob ZLT zurzeit profitabel wirtschaftet, dazu sagt ZLT-Chef Eckhard Breuer wenig. Zahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht. Klar ist, dass das Unternehmen noch 2013 tief in den roten Zahlen steckte. Breuers Vorgänger, Thomas Brandt, bezifferte die Verluste auf 1,5 bis 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Seitdem hat die ZLT jedoch drei Luftschiffe an den amerikanischen Reifenhersteller Goodyear verkauft. Mehr als 43 Millionen Euro hat ZLT mit dem Auftrag umgesetzt, der das Unternehmen in den vergangenen Jahren nach Branchenschätzungen in die schwarzen Zahlen gebracht hat. „Der GoodyearAuftrag war auskömmlich für uns“, bestätigt Breuer der „Schwäbischen Zeitung“. Das dritte Luftschiff liefert ZLT im Sommer aus. Was danach kommt und ob die ZLT wieder in die roten Zahlen rutscht, ist unklar. ZLT wird nach Angaben Breuers im Anschluss bei Goodyear den Service der Luftschiffe übernehmen, die hauptsächlich zu Werbeflügen unterwegs sein werden. „Ich kann zu der Zeit nach Goodyear nichts sagen, aber es gibt Interessenten für neue Luftschiffe, die Gespräche laufen“, sagt Breuer.
Wenn Verluste aufgelaufen sind, haben die in der Regel die beiden Eigentümer ausgeglichen: der Friedrichshafener Autozulieferer ZF und eine Holding, der mehr als 96 Prozent der Anteile am Münchener Industrieund Baumaschinenkonzern Zeppelin gehören. Die beiden Gesellschafter haben die ZLT 1993 allerdings nicht gegründet, weil sie im Zeppelin ein neues lukratives Geschäftsmodell sahen, sondern weil sie sich ihrer Geschichte verpflichtet fühlten – und ihr Eigentümer eine reges Interesse an einer Renaissance der Zeppelin-Idee hatte: ZF und Zeppelin gehören der Zeppelin-Stiftung, die die Stadt Friedrichshafen verwaltet und die Ferdinand von Zeppelin 1908 gegründet hat – zur Förderung der Luftschifffahrt und zum Wohl der Stadt Friedrichshafen.
Der dritte Goodyear-Zeppelin ist der achte, den ZLT seit 1993 gebaut hat. Den ersten Zeppelin zerstörte eine Windhose, als das Luftschiff in Afrika zur Diamantensuche verchartert war. Zwei Zeppeline sind in Friedrichshafen unterwegs, einer liegt eingemottet im Hangar am Bodensee. Er soll nach Angaben Breuers 2019 aufgebaut werden und das ältere der beiden Friedrichshafener Luftschiffe ersetzen. Der andere Zeppelin am Bodensee ist aus dem völlig umgebauten Luftschiff entstanden, das als zweites fertig wurde und deshalb nach der Wiederinbetriebnahme als eigenständiger Zeppelin gilt.
Flugbetrieb ist profitabel
Wirtschaftlich erfolgreich ist im Gegensatz zur Zeppelinproduktion der Flugbetrieb der beiden Friedrichshafener Zeppeline. Die Deutsche Zeppelin-Reederei GmbH, eine Tochter der ZLT, setzt die Luftschiffe für touristische Flüge am Bodensee ein und bietet sie für Werbezwecke oder Forschungseinsätze an. „Der Flugbetrieb ist profitabel“, sagt Breuer. Genaue Zahlen nennt er aber auch hier nicht. „Schwerpunkt sind die touristischen Flüge, die wir auch weiter ausbauen wollen.“24 000 Passagiere waren im vergangenen Jahr mit einem der beiden Luftschiffe am Bodensee unterwegs und haben Tickets gekauft, die zwischen 245 und 455 Euro kosten. Damit hat sich die Passagierzahl in fünf Jahren verdoppelt: 2012 lösten nur 12 000 Menschen ein ZeppelinTicket.