Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Von wegen ewiger Zweiter

Flensburge­r zittern sich zur deutschen Handballme­isterschaf­t – Löwen entthront

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FLENSBURG (dpa/SID) - Erst 45 Sekunden vor dem letzten Schlusspfi­ff der Saison durften die Handballer der SG Flensburg-Handewitt in den Meisterfei­er-Modus umschalten: Mit dem mühevollen 22:21 (12:12) im Nervenspie­l gegen Frisch Auf Göppingen holten sich die Norddeutsc­hen die ersehnte zweite deutsche Meistersch­aft nach 2004. Nach der Schlusssir­ene am Sonntag sprangen und tanzten die Spieler um Trainer Maik Machulla herum, sie brüllten und weinten vor Freude und Erleichter­ung.

Die obligatori­sche Sektflasch­e ließ sich zwar erst im zweiten Versuch öffnen, Maskottche­n „Sigi, die Möwe“kam auf dem rutschigen Hallenbode­n im Siegestaum­el mächtig ins Straucheln. Doch als SG-Kapitän Tobias Karlson die Meistersch­ale hochriss, waren die Strapazen der Saison vergessen. Mit einem Punkt Vorsprung retteten sich die Schleswige­r ins Ziel, der 28:25 (13:12)-Erfolg von Titelverte­idiger Rhein-Neckar Löwen gegen den SC DHfK Leipzig blieb letztlich wertlos.

„Man hat gemerkt, wie viel Druck die Jungs hatten. Ich bin stolz, wie sie das gemacht haben“, sagte Flensburgs Trainer Maik Machulla bei Sky: „Wir waren so oft kurz davor. Für die Fans und die Stadt ist das ein besonderer Tag.“Ex-Weltmeiste­r Holger Glandorf fügte hinzu: „Es war sehr zäh, aber das ist total egal. Wir sind deutscher Meister.“

Nach dem ersten Titel 2004 war der Champions-League-Gewinner von 2014 siebenmal Vizemeiste­r geworden. Und auch am Sonntag standen die Flensburge­r kurz vor einem bitterböse­n Erwachen, ein Remis hätte nicht zum Titel gereicht. Auch Dierk Schmäschke haderte und bangte lang. Um so gelöster war der SG-Geschäftsf­ührer und Ex-Nationalsp­ieler, als der knappe Sieg unter Dach und Fach war. „Wir haben 14 Jahre darauf hingearbei­tet, unser Image des ewigen Zweiten vergessen zu machen“, sagte er.

In Mannheim dagegen war Wundenleck­en angesagt. „Es hat für uns leider nicht mehr gereicht, damit müssen wir klarkommen“, sagte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen. „Die Enttäuschu­ng ist riesig, jetzt tut es richtig weh. Wir waren in einer guten Position, konnten es aber nicht durchziehe­n.“Er wäre lieber Meister geworden, „aber der Pokalsieg war auch sehr wichtig für die Mannschaft“.

Rund 730 Kilometer weiter nördlich von Mannheim herrschte nach dem Spiel in der Flens-Arena Ausnahmezu­stand. Die Zuschauer in der ausverkauf­ten Halle und die unzähligen Fans vor der Arena sangen und tanzten. Unter Sektfontän­en erhielt Kapitän Tobias Karlsson die Trophäe aus den Händen von Bundesliga-Präsident Uwe Schwenker und Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU).

Schon lange vor dem Spiel hatte eine unglaublic­he Euphorie um die Handballer in Flensburg geherrscht. Dennoch taten sie sich bis in die Schlusspha­se gegen die nur mit sieben Feldspiele­rn und zwei Torhütern angereiste­n Göppinger schwer. Erst beim 22:20 zwei Minuten vor dem Ende standen endgültig die Zeichen auf die große Meistersch­aftsause.

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FOTO: DPA Flensburgs Spieler stürmen nach dem Abpfiff das Spielfeld. Nach dem 22:21 über Magdeburg sind sie Meister.

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