Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Neuer Prozess im Fall Staufen
Schweizer wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht
FREIBURG (dpa) - Im Missbrauchsfall Staufen steht seit Mittwoch ein Schweizer als einer von insgesamt acht mutmaßlichen Tätern vor Gericht. Dem 37 Jahre alten Mann wird vorgeworfen, einen in Staufen bei Freiburg lebenden Jungen dreimal sexuell missbraucht zu haben. Die Mutter und ihr Lebensgefährte sollen das Kind hierfür zur Verfügung gestellt haben. Die Grausamkeit der Verbrechen erschreckt selbst erfahrene Ermittler. Der Angeklagte selbst bleibt äußerlich regungslos.
Öffentlich mag sich der 37 Jahre alte Schweizer zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Freiburg nicht äußern. Hinter verschlossenen Türen, so heißt es später, legt er ein Geständnis ab. „Es waren besonders hinterhältige und perfide Taten“, sagt Staatsanwältin Nikola Novak, als sie die Anklage verliest. Ihr gegenüber sitzt der Angeklagte, ein gelernter Maurer aus dem Schweizer Kanton St. Gallen. Dreimal, sagt Novak, sei er die mehr als 200 Kilometer aus der Schweiz nach Staufen bei Freiburg gereist, um den heute neun Jahre alten, ihm unbekannten Jungen zu vergewaltigen. Die Mutter des Kindes und deren Lebensgefährte hätten es hierfür im Internet angeboten und Männern zur Verfügung gestellt.
Im Freien und in einem Auto musste der Junge im Spätherbst 2016 und Januar 2017 die „äußerst brutalen und menschenverachtenden Verbrechen“über sich ergehen lassen, sagt Novak mit Blick auf den ledigen Angeklagten. Der Lebensgefährte der Mutter habe hierfür von diesem insgesamt 50 Euro kassiert. Der Junge bekam ebenfalls 50 Euro, einen gebrauchten Computer sowie, gleich nach der dritten und letzten Tat, einen Cheeseburger. Gegessen wurde gemeinsam in einem nahen FastFood-Restaurant.
Die Taten wurden gefilmt
„Der Angeklagte stellte sich dem Jungen als Polizist vor, um ihn einzuschüchtern und möglichen Widerstand zu brechen“, sagt Novak. Er habe ihm gedroht, er komme in ein Heim und seine Mutter werde verhaftet, wenn er sich weigere oder wehre. Der Lebensgefährte der Mutter sei dabei gewesen. Auch er habe sich an dem Kind vergangen. Die Taten wurden gefilmt, erläutert der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Die Aufnahmen, die auch weitergeleitet wurden, werden in dem Prozess eine wichtige Rolle spielen, angeschaut werden sie zum Schutz des Opfers hinter verschlossenen Türen.
Der Angeklagte sitzt seit vergangenen Dezember, wie alle anderen Tatverdächtigen auch, in Untersuchungshaft. In dem Prozess drohen dem Mann eine langjährige Haftstrafe sowie möglicherweise anschließende Sicherungsverwahrung, wie sein Verteidiger Robert Phleps sagt. Ein psychiatrischer Gutachter soll erklären, wie gefährlich der Schweizer für die Allgemeinheit ist. Ein Urteil soll es im Laufe des Juni geben.