Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zwiefalter Münster für zehn Monate geschlossen
Luftfeuchtigkeit bedroht Kunstwerke und Bausubstanz – Gottesdienste im Kapitelsaal
ZWIEFALTEN - Fast ein Jahr lang müssen die Zwiefalter auf ihr Münster verzichten. Ursache ist die hohe Luftfeuchtigkeit, welche die wertvollen Kunstwerke und die Bausubstanz bedroht. Die aufwendigen Temperierungsarbeiten fordern ihren Tribut: Bis April nächsten Jahres müssen alle Gottesdienste verlegt werden, einzig der Kirchenvorraum ist für Besucher zugänglich. In diesem Zuge erhält die Gemeinde auch einen neuen Altar.
Als „Durststrecke“bezeichnet Zwiefaltens katholischer Pfarrer Paul Zeller die zehnmonatige Schließung des Münsters. Die evangelische Kirchengemeinde ermögliche zwar die Mitbenutzung des Kapitelsaals, jedoch müssen die jährlich bis zu 300 Führungen ausfallen, ebenso Hochzeiten. Die Unzugänglichkeit des Besuchermagneten (bis zu 700 000 pro Jahr) werden wohl auch die Gastronomen spüren, vermutet Zeller.
Dennoch sei er froh, dass die jahrelang geplante Maßnahme nun umgesetzt werde. Der Termin sei ganz bewusst gewählt: Die diesjährigen Wallfahrten seien vorüber, bei den nächstjährigen sei das Münster voraussichtlich wieder zugänglich. Außerdem sieht er auch Positives, denn die evangelische Gastfreundlichkeit ermöglicht weiterhin Gottesdienste am Sonntagvormittag. Im wöchentlichen Wechsel mit den evangelischen Gottesdiensten finden diese nun um 8.45 Uhr oder um 10.15 Uhr im Kapitelsaal statt. Informationen hierzu gibt es in der Zeitung sowie im Mitteilungsblatt.
Für die Vorbereitung der Gottesdienste sei zwar mehr Bewegung im Sinne von Materialientransporten aus der Kirche zum Kapitelsaal notwendig, aber: „Es ist machbar.“Zudem begrüßt Zeller die Ausnahme des Kirchenvorraums – dieser ist nämlich während der Bauarbeiten zugänglich – und den Einsatz des Landes als Bauherr. Gesamtkosten von 1,62 Millionen Euro rechtfertigen diese Dankbarkeit gegenüber dem Land, dem ebenfalls die Darstellung der Fortschritte wichtig ist. Deshalb werden im Kirchenvorraum Informationstafeln aufgebaut und in die Baustelleneinhausung Guckfenster eingebaut.
Während die Projektleitung dem Vermögen und Bau Amt Tübingen obliegt, ist Marian Potyka zuständig für die Architektenarbeit, Planung und Überwachung des genauestens getakteten Ablaufs. Ziel ist die „Temperierung des Kirchenraums durch Erhöhung der Raumtemperatur um etwa sieben Grad Celsius mit einer konstanten Wärmemenge von 80 bis 100 W/m2, realisiert als Warmwasserfußbodenheizung“, so das Amt in einer Pressemitteilung. Was nach Luxus klingt, sei keine Komfortbeheizung und für Besucher kaum spürbar. Das neue Raumklima wird durch Windfangtüren stabilisiert. Die Wärme stammt von der Heizanlage des ZfP.
Für die Kirchengemeinde werden außerdem neue Heizungen in das Coemeterium und die Sakristei eingebaut, sowie ein neuer Altar. Dieser, von Bernadette Hörder gestaltete Altar, passt sich dem Gesamtbild an, weil er aus bereits verwendeten Materialien wie Muschelkalk und Marmor besteht. Mit dem Anblick des neuen Altars und durch die Temperierung geschützten Kunstwerken können, wenn alles nach Plan verläuft, Zwiefalter Bürger wie Besucher das Münster am 2. April 2019 wieder betreten.