Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Menschen schauen sich gern Postkarten an
Postkarten-Ausstellung eröffnet – Sammler und Heimatforscher Josef Kugler hält Laudatio
MENGEN – Gruß aus Mengen: Am Donnerstag hat der Geschichtsverein seine Postkarten-Ausstellung eröffnet. Im Stadtmuseum Alte Posthalterei sind zahlreiche historische Postkarten mit Motiven aus Mengen und den Teilorten zu sehen. Während Mengen International an diesem Wochenende hat die Ausstellung bereits ab 12 Uhr geöffnet.
Im Gasthaus Sonne eröffnete der Verein die Ausstellung. Die Laudatio hielt Josef Kugler, Heimatforscher aus Rosna und ehemaliger Stadtwerke-Betriebsleiter. Er bekannte, dass früher für ihn Postkarten nichts Besonderes waren. „Mittlerweile gehöre ich jedoch auch zu den oft und viel belächelten Kartensammlern und stehe dazu“, sagte Kugler. Er sei aber kein „Kartenmillionär“, sondern sammle nur Karten aus Mengen und den Teilorten. Für Kartenliebhaber gibt es wie bei Briefmarkensammlern Auktionskataloge und Börsen, informierte Kugler. Bekannte Börsen in Süddeutschland befinden sich demnach in Stuttgart, München, Nürnberg und Friedrichshafen. Auch im Internet werden Karten gehandelt. „Was es bisher wenig gibt, ist Fachliteratur. Über Postkarten gibt es sehr wenig Aufsätze“, bedauerte er.
Die Entstehungsgeschichte
„In den Jahren 1870/71, als die Postkarte in ganz Deutschland eingeführt wurde, gingen etwa zehn Millionen Feldpost- und Glückwunschkarten in Umlauf“, erzählte Kugler über die Entstehungsgeschichte der Postkarte. Man gehe davon aus, dass um 1900 zwischen 500 bis 750 Millionen Kar- ten im Deutschen Reich produziert worden sind. „Die Postkarte befriedigte damals das visuelle Bedürfnis der Massen: Das Bildangebot der Zeitungen war sehr spärlich, es gab keine Illustrierten, vom Fernsehen nicht zu reden.“Besonders weit verbreitet waren topografische Postkarten, diese sind auch hauptsächlich in der Ausstellung vertreten.
„Um die Jahrhundertwende verstand es sich von selbst, dass fast jeder Kaufladen im Ort oder fast jedes Gasthaus Postkarten drucken ließ und sich selbst häufig als Verlag bezeichnete“, erläuterte Kugler. In unserer Region habe es beispielsweise Ansichtskarten von Pius Bolter und Carl Gruber aus Mengen und Hugo Fränkel aus Ursendorf gegeben. Das starke Kartenaufkommen habe auch mit wirtschaftlichen Interessen der Verleger und Drucker zu tun gehabt. Apropos: Manche Karten, beispielsweise Karten des Lithografen Franz Scheiner, würden heute zu Preisen von 100 bis 3000 Euro gehandelt. So wertvolle Karten seien in der Mengener Ausstellung nicht dabei, diese hätten vorwiegend einen ideellen Wert. Auch können historische Postkarten einen historischen Wert haben: „Erst in jüngerer Zeit erkennen die Historiker auch die Postkarten als Zeugnisse vergangener Zeiten an. Insbesondere wenn Gebäude grundlegend geändert oder sogar abgerissen wurden und keine anderen Bilddokumente existieren.“Kugler be- dankte sich bei Professor Dr. Bogenschütz, der ihm Hinweise für die Laudatio gegeben habe; Bogenschütz hatte in Ostrach vor einigen Jahren eine ähnliche Ausstellung veranstaltet.
Von der Skepsis zur Begeisterung
„Manfred Müller hatte die Idee zu dieser Ausstellung“, berichtete der Vereinsvorsitzende Ottokar Linder. Er selbst sei zunächst etwas skeptisch gewesen. Begeisterung habe sich bei ihm aber eingestellt, als er die vielen Karten gesehen habe. Linder und der Geschichtsverein hoffen auf viele Besucher. „Ein ähnlicher Erfolg wie letztes Mal wäre ein Traum“, meinte er mit Blick auf die vergangene Fasnets-Ausstellung. Doch so viele dürften es nun im Sommer wahrscheinlich nicht werden, vermutete er. Bürgermeister-Stellvertreterin Brunhilde Raiser hatte sich für ihre Ansprache etwas Besonderes ausgedacht: Sie erläuterte, sie habe eine Postkarte erhalten, und las aus dieser vor – in der Postkarte wird von der Ausstellung des Geschichtsvereins berichtet und das Engagement der Vereinsmitglieder gewürdigt. In Wahrheit hatte Raiser die Postkarte samt Text natürlich selbst gestaltet. Musikalisch unterhielten vom Musikverein Weithart Sandra Kugler an der Klarinette und Martina Markov an der Querflöte die Besucher.