Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Streit in der Union über Asyl-Masterplan
Merkel bremst Innenminister Seehofer – SPD kündigt nach Terminabsage eigene Pläne an
BERLIN - Überraschende Entwicklung in Berlin: Horst Seehofer (CSU) hat die Vorstellung seines 63 Punkte umfassenden Asyl-Masterplans abgesagt. Der für heute geplante Termin des Innenministers mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden, teilte das Innenministerium am Montag in Berlin mit: „Einige Punkte müssen noch abgestimmt werden.“Offenbar steckt hinter der Absage ein Streit innerhalb der Union um die Frage, ob Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden sollen.
Am Sonntagabend hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Meinungsverschiedenheit mit CSUParteichef Seehofer indirekt in der ARD-Sendung „Anne Will“bestätigt. Merkel hatte betont, europäisches Recht habe Vorrang vor deutschem Recht. Man werde „nicht einseitig national agieren“. Sie plädiert seit Längerem für eine europäische Lösung und setzt dafür auf die am 1. Juli beginnende EU-Ratspräsidentschaft Österreichs. Merkel wird den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz zu Gesprächen im Kanzleramt empfangen. Am Mittwoch will auch CSU-Chef Seehofer mit Kurz zusammentreffen.
Die Frage von Zurückweisungen an der Grenze ist einer der zentralen Streitpunkte in der Flüchtlingspolitik, der seit 2015 immer wieder zwischen den Chefs der Unionsparteien aufflammte. Derzeit gilt: Wer an einer deutschen Grenze um Asyl bittet, wird ins Land gelassen. Merkel hielt an diesem Grundsatz stets fest. CSUPolitiker hatten wiederholt eine andere Praxis gefordert. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte nun am Montag in Berlin: „Für die CSU ist klar: Das Jahr 2015 darf sich nicht wiederholen. Dazu gehört die Bereitschaft, an unseren Grenzen geltendes Recht durchzusetzen.“Man müsse Menschen zurückweisen, die bereits in einem anderen europäischen Land registriert sind. „Das ist die Rechtslage in Europa“, sagte Dobrindt.
Koalitionspartner SPD reagierte auf den Streit. „Wer konkrete Vorschläge in der Asylfrage will, kann sich auf Seehofer und die CSU nicht verlassen. Deshalb erarbeitet die SPD nun ein eigenes Migrationskonzept“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
BERLIN (AFP) - Die Union hat die Klage zweier FDP-Bundestagsabgeordneter gegen das Gesetz gegen Hassbotschaften im Internet kritisiert. Das Vorgehen der Liberalen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sei eine „reine PR-Nummer“, erklärte der digitalpolitische Sprecher der Union-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski (CDU). Zwar müsse über eine Verbesserung des Gesetzes gesprochen werden. „Die Diskussion darüber gehört jedoch in den Bundestag, nicht vor Gericht.“