Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die CSU spielt mit dem Feuer
Bayern first. Alles andere ist egal, vor allem wenn nach der Wahl vor der Wahl ist. Überfallartig demontiert die CSU Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Oktober wird in Bayern gewählt und die Christsozialen spielen höchstes Risiko. Umfragen signalisieren, dass eine Mehrheit in Deutschland die harte Linie von Innenminister Horst Seehofer in Migrationsfragen für richtig hält. Davon will die CSU im Herbst profitieren. Sie erhofft sich auf diese Weise eine bessere Ausgangslage zur Verteidigung der absoluten Mehrheit im Freistaat.
Doch dafür – salopp ausgedrückt – national wie international alles über die Klinge springen zu lassen, ist ein Spiel mit vielen Unbekannten. Merkel-Kenner verweisen darauf, dass die Kanzlerin bei einer weiteren Eskalation eher zurücktreten als nachgeben wird. Und was wäre gewonnen? Auch wenn sich in der CDU-Fraktionssitzung offensichtlich eine Mehrheit hinter Merkel versammelte, ihre Autorität hat massiven Schaden erlitten – wie auch im Übrigen die von Fraktionschef Volker Kauder.
Die CSU stellt auf diese Weise die Regierungsfähigkeit der Großen Koalition grundsätzlich infrage und läutet so das Ende der Ära Merkel ein. Sollte Seehofer im Alleingang Grenzkontrollen veranlassen, blieben Merkel zur Gesichtswahrung nur noch die Entlassung des Ingolstädters und die Aufkündigung des Bündnisses. Die Koalition aus CDU/ CSU und SPD wäre für deutsche Verhältnisse in Rekordtempo gescheitert und Neuwahlen ein veritables Konjunkturprogramm für die AfD. Und selbst wenn sich die Union, die diesen Namen derzeit nicht verdient, wieder zusammenrauft, ein konstruktives Arbeiten dürfte nach diesem Zwist kaum mehr möglich sein.
Sollte hinter diesen Manövern ein wirklicher Plan stecken, dann ist dieser ausgesprochen dürftig. Der Parteigrande Wolfgang Schäuble (CDU) beschwor bei der schwierigen Zusammenkunft der Abgeordneten in Berlin die Zukunft und den Bestand Europas. Das ist aller Ehren wert, wirkt aber hilflos, zumal das die CSU wenig zu interessieren scheint.