Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Entsetzen und Unverständnis
SPD und Opposition üben scharfe Kritik an der Union
BERLIN - Der SPD-Koalitionspartner der Union und Oppositionspolitiker haben am Donnerstag mit Entsetzen, Kritik und Unverständnis über den Asyl-Streit der Union reagiert. Die Scharmützel zwischen den Unionsparteien seien „Theaterstücke“, sagt SPD-Vorsitzende Andrea Nahles. Und diese seien angesichts der anstehenden Landtagswahlen in Bayern „hier nicht angemessen“. Nahles lehnt die harte Linie der CSU in der Asylpolitik strikt ab. „Auch wenn die Herren sich so aufführen“, ergänzte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil bei Twitter, „die CSU ist nicht der Mittelpunkt der Welt.“Zumindest in Berlin stehen die Christsozialen mit ihrer harten Linie im Mittelpunkt.
Linkenfraktionschefin Sahra Wagenknecht legte Merkel angesichts des Streits in der Union sogar einen Bruch der Koalition nahe. „Die Union ist offensichtlich nicht mehr regierungsfähig und zerlegt sich auf offener Bühne“, sagte sie. „Merkel sollte jetzt Konsequenzen ziehen und der Bevölkerung eine Fortsetzung dieses Trauerspiels ersparen.“
Grüne sehen „Regierungskrise“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach gar von einer „Regierungskrise“. Deutschland stehe nun „am Scheideweg“: „Jetzt geht es um eine Entscheidung für ein starkes Europa der Solidarität, Humanität und des Rechtsstaates oder für den Verrat all dieser Werte“, sagte Göring-Eckardt. Co-Fraktionschef Anton Hofreiter ergänzte, die Instabilität in der Regierung gefährde mittlerweile auch die Stabilität in Deutschland und in der EU. „Wir erwarten von Herrn Seehofer, dass er seine Störmanöver sofort beendet“, betonte Hofreiter. Derzeit missbrauche Seehofer sein Amt als Innenminister de facto als „CSU-WahlkampfMinister“.
Unterstützung findet die CSU dagegen bei der FDP. „Ich wünsche Herrn Seehofer Fortüne“, sagt Fraktionschef Christian Lindner. Er schlägt vor, „übergangsweise das alte Recht wieder zu aktivieren und Asylbewerber an der Grenze zurückzuweisen“und zugleich eine langfristige europäische Lösung zu suchen. Lindner befürchtet jedoch, dass CDU und CSU am Ende nur einen „windelweichen Kompromiss“schließen werden.
Die AfD nutzte derweil die Bühne auf der Fraktionsebene des Bundestags, um ihre vermeintliche Übereinstimmung mit der CSU zu betonen. „Seit dem Bestehen der AfD fordern wir das, was Seehofer jetzt für Bayern fordert“, sagte Fraktionsvorsitzende Alice Weidel. Nun entdecke der Bundesinnenminister „urplötzlich die AfD-Position“. „Aber eine schlechte Kopie kann niemals die Lösung sein“, so Weidel. Sie rechne mit einem „faulen Kompromiss“in der Frage. AfD-Chef und Co-Fraktionsvorsitzender Alexander Gauland spricht von einer „Eierei“der Union. „Wir stehen zu dem, was wir immer gesagt haben: Die Grenze muss kontrolliert werden und zwar flächendeckend.“Gauland stichelte: „Ich wünsche der SPD und Union viel Glück bei Neuwahlen.“ Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Innenminister darauf beharrt, die Zurückweisung von Flüchtlingen per Ministererlass durchzusetzen – selbst wenn es ihn das Amt kosten könnte. Dafür sprechen mehrere Gründe: Der CSU-Politiker hadert seit Jahren mit der Linie der Kanzlerin – man denke nur an den Parteitag in München 2015. Dazu kommen die Verluste der CSU bei der Bundestagswahl, für die Seehofer persönlich verantwortlich gemacht wurde, und das Wissen um Sympathisanten im CDU-Lager, die ihrer Kanzlerin schon lange überdrüssig sind. Auch der Umstand, dass Merkel ohne CSU keine Mehrheit im Parlament hat, Merkel könnte weiter auf die CSU zugehen, um Zeit zu gewinnen. Wenn sich die CSU darauf einließe,