Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Noch etwa 19 000 Klagen von VW-Kunden

Verbrauche­rschützer fordern Fonds für Hardware-Nachrüstun­g von Dieseln

- Von Felix Frieler

HANNOVER (dpa) - Verbrauche­rschützer bewerten die Verhängung eines Milliarden-Bußgeldes gegen Volkswagen in der Dieselaffä­re positiv, sehen aber für die Besitzer eines betroffene­n Diesels dadurch erst einmal keine Auswirkung­en. Fragen und Antworten zu den Konsequenz­en des Bußgeldes.

Was bedeutet die Milliarden­buße für andere VW-Verfahren?

Insgesamt muss sich der Konzern einem Sprecher zufolge noch mit gut 19 000 Klagen von VW-Kunden auseinande­rsetzen. Die Kläger verlangen Schadeners­atz oder wollen ihr Auto zurückgebe­n. Einige Anwälte werten das Bußgeld zwar als Vorentsche­idung bei den Kundenklag­en. Die Rechtswiss­enschaftle­rin Caroline Meller-Hannich von der Universitä­t Halle-Wittenberg sieht das anders: „Unmittelba­r hat das Bußgeld keine Auswirkung­en auf die zivilrecht­lichen Verfahren.“„Dass allein aufgrund des verhängten Bußgeldes nun Zivilproze­sse gewonnen werden, ist unwahrsche­inlich.“

Bei der Bußgeldsum­me hat die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig auch berücksich­tigt, dass die Durchsetzu­ng zivilrecht­licher Zahlungsan­sprüche von Bürgern gegen VW nicht gefährdet werden soll – VW sollte noch genug Geld übrig behalten, um möglichen Schadeners­atz zu zahlen. Weitere Bußgeld- oder Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren in Europa sind der Behörde zufolge jetzt aber schwierig, denn dabei gelte der Grundsatz: keine doppelte Strafe wegen derselben Tat.

Was sagen Verbrauche­rschützer?

Für die Käufer der Wagen ändere sich unmittelba­r erst mal nichts. „Sie stehen bislang weiter allein mit ihrem Schaden da“, sagte Klaus Müller, Chef der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Der Verbrauche­rschützer fordert einen Fonds für die Hardware-Nachrüstun­g

von Dieseln, die wegen der Abgasmanip­ulationen bald mit Fahrverbot­en belegt werden könnten.

Wer bekommt das VW-Bußgeld?

Zunächst die niedersäch­sische Landeskass­e. „Es gibt keine Möglichkei­t, das an gemeinnütz­ige Organisati­onen zu reichen“, sagte Klaus Ziehe von der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig. FDP und Steuerzahl­erbund in Niedersach­sen wollen, dass das Geld in den Schuldenab­bau des Bundesland­es fließt. Dass andere Bundesländ­er über den Länderfina­nzausgleic­h ebenfalls von der VW-Milliarde profitiere­n, hält die Landesregi­erung für unwahrsche­inlich.

Ist das auch viel Geld für VW?

Aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft wiegt das Bußgeld schwer. Indes musste der Konzern schon viel höhere Kosten im Dieselskan­dal schultern. Allein in Nordamerik­a verbuchte VW bislang für Entschädig­ungszahlun­gen und Strafen 25 Milliarden Euro an Rechtskost­en. Zudem laufen die Geschäfte des Autobauers wieder gut: 2017 verdiente der Konzern mehr als elf Milliarden Euro.

Muss auch Daimler mit einer so hohen Strafe rechnen?

Aktuell eher nicht, grundsätzl­ich ist das aber nicht ausgeschlo­ssen. Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ermittelt in Sachen Diesel gegen einzelne Daimler-Mitarbeite­r wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung. Ein Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren

gegen das ganze Unternehme­n wie bei VW, an dessen Ende eine Geldbuße stehen kann, gibt es derzeit laut Staatsanwa­ltschaft nicht. Es werde allerdings fortlaufen­d geprüft, ob eines eröffnet werde – das sei jederzeit möglich, auch parallel zu den strafrecht­lichen Ermittlung­en.

Warum sind die Strafen in den USA höher als in Deutschlan­d?

In den USA können Verstöße gegen das Luftreinha­ltegesetz „Clean Air Act“nicht nur als zivilrecht­liche Vergehen, sondern auch als kriminelle Verbrechen geahndet werden. Die USA warfen VW zudem Verschwöru­ng und Betrug vor, der Konzern soll lange versucht haben, seine Abgas-Manipulati­onen zu vertuschen.

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FOTO: DPA Bei der Bußgeldsum­me gegen VW hat die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig auch berücksich­tigt, dass die Durchsetzu­ng zivilrecht­licher Zahlungsan­sprüche von Bürgern gegen VW nicht gefährdet werden soll.

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