Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Der Druck auf VW erhöht sich“
Juraprofessorin Astrid Stadler sagt, Kunden und Aktionäre könnten indirekt profitieren
RAVENSBURG (kec) - Auch wenn Kunden und Aktionäre von Volkswagen von dem verhängten Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro an sich nichts haben, können sie zumindest indirekt profitieren, sagt die Juraprofessorin Astrid Stadler von der Universität Konstanz. Weshalb die Chance auf Schadenersatz dadurch gestiegen ist, erklärt die Spezialistin für internationales Zivilverfahrensrecht und Rechtsvergleichung im Gespräch mit Kerstin Conz.
Das Bußgeld für Volkswagen kam nun doch schneller als von vielen erwartet. Aber was heißt das nun für die geschädigten Kunden?
Wer bislang noch nicht gegen VW geklagt hat, sollte überlegen, dies zu tun und einen Anwalt konsultieren. Die Ansprüche gegen VW verjähren zum Jahresende 2018, sodass bis zum 31.12.2018 gerichtliche Schritte gegen VW unternommen werden müssen.
Weshalb haben Kläger jetzt bessere Chancen?
Weil sie Opfer der internen Aufsichtspflichtverletzung von VW sind und nach Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen kein Grund mehr besteht, ihnen die Akteneinsicht in die Ermittlungsakten zu verweigern. Bislang hätte dies die staatsanwaltlichen Ermittlungen gefährden können, weil auch das beklagte Unternehmen dann Einblick in den Ermittlungsstand bekommt. Die Ermittlungskenntnisse im Bußgeldverfahren könnten den VWKunden auch helfen zu beweisen, wer im Konzern wann was gewusst hat. Dies würde Schadensersatzklagen gegen Volkswagen erleichtern. Auch für die anhängigen Schadensersatzklagen der VW-Aktionäre könnte der Abschluss des Verfahrens nützlich sein. Sie müssen nachweisen, wann genau der Konzernvorstand von der Schummelsoftware wusste.
Ist die Milliardenbuße als Befreiungsschlag zu werten oder erst der Anfang?
Mit dem verhängten Bußgeld ist für VW sicher ein wichtiges Verfahren in Deutschland beendet. Es sind aber noch Strafverfahren gegen frühere und amtierende Vorstandsmitglieder von VW und deren Tochtergesellschaften anhängig, deren Ausgang ebenfalls weiterführende Erkenntnisse auch für die zivilrechtlichen Schadensersatzklagen bringen kann. Insgesamt erhöht sich nun eher der Druck auf VW, endlich auch die Schadensersatzklagen der Aktionäre und die Ansprüche der VW-Besitzer einer vergleichsweisen Lösung zuzuführen und jahrelange Prozesse zu vermeiden. Wer gegenüber dem Staatsanwalt Fehler einräumt, sie aber vor dem Zivilgericht weiterhin bestreitet, verspielt wohl endgültig das Vertrauen der Kunden.