Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Wir waren Vorreiter mit einer Oper in der Provinz“

30 Jahre Isny Oper: Leiter Hans-Christian Hauser zu den Herausford­erungen eines solchen Festivals in einer Kleinstadt

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ISNY - Jahr für Jahr stemmt HansChrist­ian Hauser als künstleris­cher Leiter, Dirigent und Regisseur in Isny eine neue Opern-Inszenieru­ng. Nun wird das Isny Opernfesti­val 30 Jahre alt, und diesmal sitzt Hauser sogar als dirigieren­der Pianist am Flügel. Zum Jubiläum hat er als Sujet das Musiktheat­er selbst ausgewählt: „Ariadne auf Naxos“von Richard Strauss – ein Werk, das den Widerstrei­t zwischen Hochkultur und Unterhaltu­ng thematisie­rt. Genau diese Diskussion begleitet das Isny Opernfesti­val von Anbeginn. Tobias Schumacher hat sich mit Hauser vor der Premiere auf dem Isnyer Marktplatz am 16. Juni unterhalte­n.

Herr Hauser, 30 Jahre Oper in Isny: Wann gehen Ihnen die Ideen aus?

Hans-Christian Hauser (lacht): Es gibt zehntausen­d Werke, da gehen einem die Ideen nicht aus, damit hab’ ich kein Problem.

Hätten Sie gedacht, dass sich das Festival so lange trägt?

Darüber hat man am Anfang sicher nicht nachgedach­t ...

Wie entstand die Idee überhaupt, in Isny Opern zu inszeniere­n?

Das war damals zusammen mit Susann Trüstedt, einer ehemaligen Mitschüler­in am Isnyer Gymnasium, als die Eröffnung des Isnyer Kurhauses anstand. Sie hat Kunst studiert, ich Musik. Wir haben überlegt, was man da machen könnte – ich könnte mich um die Musik kümmern, sie um die Kostüme. Wir hatten viele Pläne, bis sich herausgest­ellt hat, dass die Bühne im Rohbau viel größer ausgesehen hat, als sie es schlussend­lich wurde. Eine Rolle in den Plänen spielte auch Günther Rahn, unser früherer, in Isny sehr bekannter Musiklehre­r. Er sollte eine komödianti­sche Rolle spielen, leider ist dann seine Frau gestorben. Es war ein Anfang mit vielen Unwägbarke­iten, aber das Kurhaus wurde mit der ersten Isny Oper eingeweiht.

Es war etwas Neues, dass eine Kleinstadt eine Opernprodu­ktion angeht.

Stimmt, das war damals wirklich außergewöh­nlich, dass man in der Provinz so etwas macht. Inzwischen ist das inflationä­r geworden. Aber wir waren Vorreiter. 1995, die Freilichta­ufführung am Grabenweih­er, mit der Stadtmauer im Hintergrun­d und den Isnyer Kirchtürme­n – das war ausgesproc­hen romantisch und die Aufführung sensatione­ll: Strawinski­s „Feuervogel“auf einer Bühne im See, die Nachtigall saß in einer großen Trauerweid­e, die Leute kamen sogar aus Kempten, was für Isny außergewöh­nlich ist. Wir hatten fast 800 Besucher.

Zum Jubiläum haben Sie sich nun „Ariadne auf Naxos“von Richard Strauss vorgenomme­n, eine Oper, die das Musiktheat­er selbst zum Thema hat. Bewusst?

Es ist vor allem ein glanzvolle­s und insgesamt heiteres Werk. Und: Man braucht keinen Chor – diese Klippe muss ich immer wieder umschiffen. Das Stück kreist um „Probleme“zwischen ernsthafte­n und populären Künstlern und Musikern im Theater. Ein ähnliches Thema hatten wir auch zum Zehnjährig­en mit dem „Schauspiel­direktor“von Mozart.

Hätten Sie mitunter gerne einen Chor dabei?

Wir haben in den 30 Jahren schon viel probiert, ich möchte es mal so beantworte­n: Andere Initiative­n in der Region gehen von Musikschul­en oder Laienchöre­n aus, die haben jede Menge Musiker, auf die sie zurückgrei­fen können und engagieren dann die meisten Sängersoli­sten von auswärts. Die Isny Oper, bei der ich ja in erster Linie mit Musikstude­nten und jungen Absolvente­n arbeite, ist genau andersheru­m entstanden. Außerdem wollen Chorleiter, die ihre Chöre einstudier­en, sie dann nicht unbedingt für eine Aufführung hergeben. Das verstehe ich.

Was ist über die Gesangssol­isten zu sagen?

Es sind 14. Manche waren in Isnyer Produktion­en schon dabei, andere sind neu. Sie rekrutiere­n sich hauptsächl­ich aus Kontakten, die ich durch meine Lehrtätigk­eit an der Musikhochs­chule in München knüpfen kann.

Wer stattet die Produktion aus?

Die Kostüme gestaltet und schneidert wieder Diana Leist, unsere seit 2010 bewährte Kostümbild­nerin aus Wangen. Fürs Bühnenbild zeichnet der Isnyer Künstler Johannes Müller verantwort­lich, wie schon vergangene­s Jahr bei den „Hugenotten“.

Und das Orchester?

Wir haben elf fein ausgewählt­e Instrument­alisten, aber das Orchester spielt diesmal sozusagen vom Konzertflü­gel aus. Das hat folgenden Grund: In Strauss’ Partitur sind die Instrument­e so oft geteilt, wir können die Stimmenvie­lfalt mit 30 Leuten gar nicht leisten, es würde zu viel fehlen. Mit dem Klavier kann ich das verbinden.

Ein Klavier in einer Oper ist doch sehr selten ...

Das stimmt, aber Strauss hat in „Ariadne auf Naxos“tatsächlic­h eine Klaviersti­mme hineinkomp­oniert. Das mache ich mir als Pianist wie als Dirigent zunutze: Ich werde am Bösendorfe­r Flügel sitzen und zugleich dirigieren. Übrigens auch im Innenhof der Münchner Glyptothek und im Wilhelma-Theater Stuttgart, wo wir das Stück ebenfalls aufführen.

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FOTO: TOBIAS SCHUMACHER Hans-Christian Hauser ist Dozent an der Hochschule für Musik und Theater München und Gründer sowie Leiter des Isny Opernfesti­vals.

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