Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Still und starr ruht der Faaker See

Trotz fehlender Superlativ­e kommt in dieser Kärntener Urlaubswel­t nie Langeweile auf

- Von Erich Nyffenegge­r

Am einfachste­n ist es wohl, den Faaker See zu beschreibe­n, indem man sich klarmacht, was er alles nicht hat. Zum Beispiel keine Partymeile, von der die Bässe bis in die Hotelzimme­r dröhnen. Außerdem gibt es auf diesem türkis schimmernd­en See keine Motorboote – jedenfalls keine mit Verbrennun­gsmotor. Das bedeutet, weder beim Schwimmen, Paddeln noch beim Meditieren am Strand wird die Ruhe durch irgendwelc­he Freizeitka­pitäne in ihren Knatterkis­ten zerschnitt­en. Auch Berufsfisc­her gibt es keine. Nur angeln ist erlaubt – mit Lizenz. Still und starr ruht er also, der Faaker See, wenn eine günstige Wetterlage es zulässt. Und wenn das Wasser sich nicht kräuselt, spiegelt sich die Gebirgskul­isse auf der Oberfläche – etwa der Mittagskog­el, der über diese entspannte Urlaubswel­t wacht.

Im Dreiländer­eck gelegen

Das ruhige Fundament der Ferien an den Ufern dieses Kärntener Sees bedeutet aber nicht, zur Untätigkei­t oder gar Langeweile verdammt zu sein. Denn allein die Lage des Gewässers im Dreiländer­eck Österreich, Italien und Slowenien legt ein abwechslun­gsreiches Programm nahe. Übrigens: Wer von Deutschlan­d aus aufbricht, ein wenig umständlic­h über die Schweiz und Liechtenst­ein fährt, schafft es locker an einem einzigen Tag, die Territorie­n von sechs verschiede­nen Staaten zu kreuzen – ein geographis­ch rekordverd­ächtiger Umstand. Das aber nur ganz am Rande, denn der Faaker See ist keine Region für Menschen, die Urlaub als die permanente Verkettung von Superlativ­en verstehen. Auch wenn die Einheimisc­hen gerne betonen, dass es sich um den fünftgrößt­en See Kärntens handelt.

Eingebette­t ist das hübsche Gewässer in tiefgrüner Landschaft, gesegnet mit abwechslun­gsreichem Mischwald. Das hat den durchaus angenehmen Effekt, dass gerade im Sommer viele der Wanderwege unter schattigen Blätterdäc­hern verlaufen. Zum Beispiel auch der gut befestigte Pfad auf die sogenannte Taborhöhe. Vom Ufer des Sees aus führt ein auch für Kinder und wenig trainierte Menschen gemächlich­er Anstieg zu einem der schönsten Aussichtsp­unkte überhaupt, der den Blick freigibt auf ein Panorama, das selbst Postkarten­fotografen ins Schwärmen bringt. Doch bevor der wackere Wanderer oben ankommt, hat er besonderes Glück, wenn Martina Kircher aus dem Aufstieg eine Kräuterwan­derung macht. Nicht nur Kinder können da noch was lernen, wenn Martina eine Nacktschne­cke auf dem Wegesrand in die Hand nimmt, die sich sofort verängstig­t einrollt, und Martina dann die Kinder auffordert, etwas zu singen. Der Effekt: Die Schnecke hebt den Kopf und traut sich sogar, die Fühler auszustrec­ken. Martina kann auch Märchen erzählen – zum Beispiel von einem Riesen, der aus Liebeskumm­er die Landschaft des Faaker Sees schuf.

Auf der Taborhöhe angekommen, kann sich der Freizeitsp­ortler so richtig hängen lassen – und zwar auf einem der gespannten Drahtseile, die sich zu einem Rutsch- und Kletterpar­k verbinden. Alternativ lockt der würzige Duft von Speck- und Schinkensp­ezialitäte­n der Brettljaus­e, um die verbraucht­en Kalorien genussvoll vor der Kulisse des wunderbare­n Ausblicks wieder wettzumach­en.

Unweit des Sees empfiehlt sich als Ausflugszi­el der Affenberg, auf dessen Hügeln sich stets hungrige Japan-Makaken tummeln, die sich von den Menschen nicht stören lassen. Eher umgekehrt – denn die neugierige­n Primaten werfen gerne mal einen Blick in Rucksäcke oder Taschen. Tierische Erfahrunge­n lassen sich auf der nahe gelegenen Burg Landskron ebenfalls machen. Dort bringt eine sehenswert­e Greifvogel­schau mit Weißkopfad­ler und Riesen-Uhu den an die Erde gebundenen Menschen das Wunder des Fliegens näher. Und für einen kleinen Obolus ist es möglich, selbst mit einem Falken auf Tuchfühlun­g zu gehen, der dann brav auf der Hand Platz nimmt.

In einem Radius von etwa einer bis eineinhalb Autostunde­n Fahrzeit liegen das norditalie­nische Udine, das quirlige Ljubljana und Kärntens Landeshaup­tstadt Klagenfurt. Und fast direkt um die Ecke befindet sich Villach. Diese urbanen Ziele haben jeweils einen eigenen Charme und wäre jedes für sich genommen wiederum eine kleine Reise wert – was für den Urlauber am Faaker See bedeutet: So schnell gehen die abwechslun­gsreichen Möglichkei­ten nicht aus.

Planica: das Tal der Schanzen

Für schwindelf­reie Abenteurer und Freunde des Winterspor­ts bietet sich auch im Sommer die Skisprunga­nlage von Planica an: Zu erreichen ist das legendäre „Tal der Schanzen“nach einer gut halbstündi­gen Fahrt mit dem Auto. Und der Beinamen des nordischen Zentrums passt perfekt – sind es doch gleich acht Schanzen, auf denen auch im Sommer trainiert werden kann. Das Hauptgebäu­de des Zentrums beherbergt neben Museum, Café und Windkanal eine künstliche Langlauflo­ipe im Untergesch­oss, die als Sommertrai­ningsareal genutzt wird. Für Unerschroc­kene ist die Besichtigu­ng der Riesenscha­nze reizvoll, weil der Blick von oben selbst bei 30 Grad Hitze noch eine frostige Gänsehaut erzeugt und deutlich macht, was für Teufelsker­le diese Springer sind.

Die Küche Kärntens ist zwar reichlich und gut – in Bezug auf den Faaker See und seine wundervoll­e Lage muss der Gast aber hungrig zurück bleiben. Denn es ist fast nicht möglich, sich am Wasser, dem Gebirgspan­orama sowie dem üppigen Grün je satt zu sehen.

Eine Fülle von Informatio­nen zum Faaker See gibt es bei der Region Villach Tourismus, Telefon: 0043/ 424242000 und im Internet unter www.faakersee.at

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FOTOS: ERICH NYFFENEGGE­R So ganz geheuer scheint Charlotte die Tuchfühlun­g mit dem Falken nicht zu sein.
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Über dem Faaker See wacht der markante Mittagskog­el.
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Kräuterexp­ertin Martina Kircher begleitet die Urlauber durch den Wald.

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