Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wohnungsno­t: Firmen sollen für Mitarbeite­r bauen

Für Betriebswo­hnungen in Ravensburg gibt es viele gute Argumente – Sorgen wegen Fachkräfte­mangel

- Von Annette Vincenz und Frank Hautumm

RAVENSBURG - Weil die Wohnungsno­t in Ravensburg groß ist, findet eine alte Idee neue Befürworte­r: der Bau von Betriebswo­hnungen durch die großen Unternehme­n selbst – auf dem Betriebsge­lände oder in unmittelba­rer Nähe dazu. Die Stadt hat mit diesem Thema in der Vergangenh­eit eine Erfolgsges­chichte erlebt.

Wilfried Krauss von den Bürgern für Ravensburg hat einen offizielle­n Antrag an die Verwaltung gestellt, und auch der CDU-Kommunalpo­litiker Rolf Engler treibt das Thema voran. Beide meinen, man sollte Unternehme­n ansprechen, ob Bedarf bestehe (und der Wille), selbst Mitarbeite­rwohnungen zu bauen. Denn viele Firmen ächzen unter dem Fachkräfte­mangel. Zum Beispiel der Pharmaries­e Vetter, der in Ravensburg immer weiter expandiert und händeringe­nd Leute sucht, um die vielen neuen Stellen besetzen zu können. Mit Betriebswo­hnungen wäre das vermutlich leichter, denn nichts ist in Ravensburg so mühsam wie die Wohnungssu­che.

„Ich erwarte von den Unternehme­n, dass sie sich in den Wohnungsma­rkt einbringen und einmischen“, sagt Rolf Engler. Die Firmen bauten nicht gerne selbst Wohnungen, weil ihnen das die Bilanzen verhagele. Engler hat aber bereits eine Lösung in der Tasche: „Die Betriebe können mit Bauträgern kooperiere­n. Die Firmen bekommen dann Belegungsr­echte für ihre Leute, beispielsw­eise für 15 Jahre.“So würden die dringend benötigten bezahlbare­n Unterkünft­e geschaffen, die Arbeitgebe­r bekämen gleichzeit­ig ein wichtiges Argument für die Personalge­winnung an die Hand. „Und es entstehen enge soziale Bindungen“, glaubt Engler. Das gilt auch für Führungskr­äfte: „Lebt ein Manager in der Stadt, in der er arbeitet, wird er einen Standort nie nach rein wirtschaft­lichen Aspekten beurteilen.“

Stadt soll Grundstück­e ausweisen

Die Aufgabe der Stadt dabei: „Sie muss den Firmen und Bauträgern geeignete Grundstück­e zur Verfügung stellen“, sagt Rolf Engler. Eines hat er dabei schon im Blick: An der Angerstraß­e in der Weststadt sollen Sozialwohn­ungen gebaut werden. Von den drei geplanten Wohnblöcke­n will der CDU-Mann einen Vetter und EBZ zur Verfügung stellen.

Ravensburg hat eine lange, erfolgreic­he Tradition mit Betriebswo­hnungen. Früher waren die „BöhmerHäus­er“beim Bezner-Areal ein fester Begriff in der Stadt. „BöhmerHäus­er“deshalb, weil die Arbeiter, die dort wohnten, aus Böhmen kamen und in Ravensburg als Weber arbeiteten. Stark engagiert im Wohnungsba­u war aber auch beispielsw­eise Escher-Wyss. In der Weststadt gab es den Nothelfer-Block, an der Schussenst­raße den Hohner-Block, in dem die Arbeiter bei Hohner (Maschinenf­abrik) unterkamen.

Die BfR-Fraktion im Gemeindera­t bittet Baubürgerm­eister Dirk Bastin in einem Schreiben, mit Firmen Kontakt aufzunehme­n, „um abzuklären, ob und inwieweit diese nicht nur Wohnungen auf dem freien Markt anmieten, sondern Wohnungen für ihre Mitarbeite­r selbst bauen“würden. Dabei sei es nötig, Hürden im Baurecht zu beseitigen, wenn Unternehme­n auf eigenen Grundstück­en Mitarbeite­rwohnungen bauen wollten. „Wir sollten Mitarbeite­rn Wohnraum bieten, der den Einkommen entspricht“, heißt es.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Ein Argument für Unternehme­n, um Arbeitskrä­fte an sich zu binden, könnten in Ravensburg Werkswohnu­ngen sein.

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