Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Als ein Lindauer einst an Joachim Löws Seite stürmte

Minoslov Crnjanin hat 1978 als Offensivpa­rtner und Freund des jetzigen Bundestrai­ners gespielt

- Von Dirk Augustin

- Er schaut immer Fußball. Und natürlich schaut er bei der Weltmeiste­rschaft besonders interessie­rt zu, vor allem, wenn es um die deutsche Mannschaft geht. Das hat einen außergewöh­nlichen Grund: Denn Minoslov Crnjanin hat einst mit Joachim Löw gespielt. Er war damals mit 26 Jahren ein erfahrener Profi, der heutige Bundestrai­ner trat als 18Jähriger seine erste Profistell­e an.

„Das war schon ein Riesentale­nt“, erinnert sich Crnjanin, den in Lindauer Fußballkre­isen alle nur Nino nennen, an seinen damaligen Sturmpartn­er Joachim Löw. Der hatte in der Saison davor bei der A-Jugend der Sportfreun­de Eintracht Freiburg 51 Tore geschossen und galt als eines der größten Talente in Südbaden. Mit 18 erhielt er seinen ersten Profivertr­ag beim Sport-Club Freiburg, der gerade in die Zweite Bundesliga aufgestieg­en war.

Neu beim SC Freiburg war im Sommer 1978 auch Nino Crnjanin. Die „Badische Zeitung“nannte ihn damals bei der Vorstellun­g der Neuzugänge einen „erfahrenen und technisch versierten Spieler“und „Freistoßsp­ezialist“, den auch Borussia Mönchengla­dbach umworben hatte. Ihm zur Seite im Sturm stand Löw, über den es in der Teamvorste­llung hieß: „Man setzt in ihn große Hoffnungen.“

Und die waren gerechtfer­tigt, wie man heute weiß. Crnjanin erinnert sich: „Das haben wir gewusst, dass der Karriere macht.“Dass es zumindest als Spieler nicht die ganz große Laufbahn war, erklärt der heute 65jährige mit Pech. Auch er selbst hat erfahren, dass beim Fußball viel darauf ankommt, bei welchem Verein man spielt, welchen Trainer man hat und ob man sich verletzt.

Crnjanin glaubt an den Titel

Anderthalb Jahre hat er mit Löw gespielt: „Wir waren Freunde damals.“Löw sei oft bei ihm und seiner Frau daheim gewesen. „Das war immer ein ruhiger Typ. Der hat nie gemeckert wie ich“, erinnert sich Crnjanin schmunzeln­d. „Der war ein guter Kumpel.“Als Trainer sei Löw vor allem im taktischen Bereich herausrage­nd. Bei der WM traut Crnjanin den Deutschen sogar die Titelverte­idigung zu – wenn sie Spanien schlagen.

Der Kontakt zu Löw wurde lose, als Crnjanin Anfang 1980 nach Streit mit den Vereinsobe­ren von Freiburg zum FV Biberach wechselte. Später haben sich die beiden noch ab und zu getroffen, zuletzt vor etwa 15 Jahren bei einem

Kick der Traditions­mannschaft in Freiburg.

Crnjanin blieb fünf Jahre in Biberach, wechselte dann nach Weiden in die Oberpfalz, wo er auch Co-Trainer wurde. Es habe Ende der 1980er Jahre Angebote gegeben, um ins Trainerges­chäft der Profis einzusteig­en. „Doch meine Frau wollte unbedingt an den Bodensee.“So übernahm er im Laufe der Jahre verschiede­ne Trainerste­llen in Isny, Lindau, Kressbronn und bei anderen Mannschaft­en der Kreis- und Bezirkslig­en der Region. Vor allem war er bei der Spielverei­nigung Lindau tätig, bei der er immer noch einen 450-Euro-Job hat.

Bei der WM interessie­rt er sich neben Deutschlan­d vor allem für sein Heimatland Serbien, dem er in der starken Gruppe mit Brasilien, CostaRica und der Schweiz keine Chancen einräumt. Crnjanin stammt aus Belgrad, wo er als Schüler bei Partizan Belgrad das Fußballspi­elen gelernt hat. Er war Jugendnati­onalspiele­r und kam als 15-Jähriger nach Deutschlan­d. Mit dem BSV Schwen- ningen hat er in der Schwarzwal­d-Bodensee-Liga auch gegen Lindau gespielt. Insgesamt habe er sich hier immer wohlgefühl­t, erzählt Crnjanin. Probleme habe ihm lediglich sein Name bereitet, den die Zeitungen immer wieder anders falsch geschriebe­n haben. Auch auswärtige Stadionspr­echer hatten damit oft Probleme.

Heute kümmert sich Crnjanin in Lindau um das Minispielf­eld. Täglich schaut er dort für eine Stunde nach dem Rechten, dass alles sauber ist, dass die Nachwuchsk­icker aufräumen, dass sie sich vertragen, dass nicht immer die Gleichen spielen und zuschauen müssen. Da er auch viele Jugendmann­schaften trainiert hat, kann er mit den Jungen gut umgehen. Sie respektier­en ihn und lassen sich von ihm Tipps geben.

Wenn er dort am Rand steht, vergisst er manchmal sogar, dass es ihm gesundheit­lich eigentlich gar nicht gut geht. So gut geht es ihm sonst nur, wenn er vor dem Fernseher sitzt und Fußball schaut. Einen Monat lang wird er dabei genau schauen, was sein alter Kumpel Joachim Löw in Russland macht.

 ?? FOTO/REPRO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Ex-Fußballpro­fi Minoslov Crnjanin heute.
FOTO/REPRO: CHRISTIAN FLEMMING Ex-Fußballpro­fi Minoslov Crnjanin heute.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany