Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Härleschul­e muss ihre Modellklas­sen aufgeben

Für den jahrgangsg­emischten Unterricht fehlen die entspreche­nden Lehrer – Eltern reagieren mit Verständni­s

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Weil ihr zum Start ins bevorstehe­nde Schuljahr 2018/19 die entspreche­nden Lehrer fehlen, muss die Grundschul­e am Härle in Pfullendor­f ab September auf die jahrgangsg­emischten Klassen („Modellklas­sen“) verzichten. „Ich bedauere das sehr“, sagt die kommissari­sche Schulleite­rin Susanne Seßler. „Wir haben tatsächlic­h alles versucht, um die Modellklas­sen fortzuführ­en – aber leider ohne Erfolg.“Die betroffene­n Eltern seien bereits informiert worden. Nahezu alle hätten mit Verständni­s auf die schlechte Nachricht reagiert.

Jahrgangsg­emischte Klassen gibt es an der Grundschul­e am Härle seit etwa 20 Jahren – nicht nur, aber auch. So werden zurzeit in zwei Klassen Erst- und Zweitkläss­ler in allen Fächern gemeinsam unterricht­et. Hinzu kommen zwei reguläre erste Klassen und zwei reguläre zweite Klassen. In einer weiteren Klasse sitzen sowohl Dritt- als auch Viertkläss­ler. Darüber hinaus gibt es drei dritte und drei vierte Klassen. „Wir hatten schon mit der Planung für eine zweite kombiniert­e Klasse aus Dritt- und Viertkläss­lern begonnen“, sagt Susanne Seßler. Doch daraus werde nun erst einmal nichts. Im Gegenteil: „Wenn man das Ganze realistisc­h sieht, werden wir in absehbarer Zeit keine Modellklas­sen mehr anbieten können.“Denn mit dem nötigen Personal fehlt der Schule auch die Planungssi­cherheit für die Zukunft.

Nur eine Lehrerin zeigt Interesse

„Generell befinden wir uns, was das Kollegium betrifft, im kommenden Schuljahr im Umbruch“, sagt die kommissari­sche Schulleite­rin. „Deshalb ist noch völlig unklar, wie viel Personal wir für wie viele Klassenstu­fen bekommen.“Fest stehe aber, dass es zu wenige Lehrer geben wird, die jahrgangsg­emischte Klassen unterricht­en möchten. „Eine Kollegin wird auf eigenen Wunsch hin versetzt, eine andere fällt wegen ihrer Schwangers­chaft aus“, sagt Susanne Seßler. „Eine weitere Kollegin würde weiterhin jahrgangsg­emischte Klassen unterricht­en – aber das reicht leider nicht. Es wäre nicht sinnvoll, eine Klasse allein weiterzufü­hren.“

Dabei hatte sich Susanne Seßler bis zu den Pfingstfer­ien intensiv nach potenziell­en Lehrern für die jahrgangsg­emischten Klassen umgesehen. „Leider hat sich niemand gefunden“, sagt sie. „Und ich kann natürlich auch niemanden zwingen.“Das Unterricht­en einer jahrgangsg­emischten Klasse sei schließlic­h auch mit deutlich mehr Arbeit verbunden. Die Lehrer müssten beispielsw­eise gleichzeit­ig den Unterricht für zwei Klassen vorbereite­n und mehr Klassenarb­eiten planen und korrigiere­n. „Da muss man schon auch eindeutig dahinterst­ehen“, sagt Seßler.

Kinder bleiben in ihrer Gruppe

Über das Ende der jahrgangsg­emischten Klassen zum kommenden Schuljahr wurden zunächst die betroffene­n Eltern informiert. Anschließe­nd wurden auch die Elternbeir­äte darüber in Kenntnis gesetzt. „Nahezu alle Betroffene­n haben verständni­svoll reagiert“, sagt Susanne Seßler. Die Mädchen und Jungen der gemischten Klassen würden zum kommenden Schuljahr in reguläre Klassen aufgeteilt. „Dabei entsteht kein komplett neues Klassengef­üge, sondern die Kinder bleiben in ihrer gewohnten Gruppe“, unterstrei­cht die Schulleite­rin.

Welche Kinder in regulären und welche in gemischten Klassen unterricht­et werden, richtet sich an der Grundschul­e am Härle vor allem nach dem Wunsch der Eltern. „Diesem versuchen wir nach Möglichkei­t zu entspreche­n“, sagt die Schulleite­rin. Zum Beispiel lernten die jüngeren Schüler in den altersgemi­schten Klassen automatisc­h viel von den älteren – ohne dass ein Lehrer eingreifen müsse. „Das erleichter­t den Schulallta­g sowohl für die Kinder als auch für die Lehrer“, sagt Susanne Seßler. Das sei einer der großen Vorteile. „Wir haben aber auch gemerkt, dass sich für die altersgemi­schten Klassen vor allem diejenigen Eltern entscheide­n, die sich ohnehin viel um die Schullaufb­ahn ihrer Kinder kümmern“, sagt Seßler. „Ehrlicherw­eise muss man sagen, dass das auch zu einer Art Zweiklasse­ngesellsch­aft geführt hat.“

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA In jahrgangsg­emischten Klassen lernen die Kinder auch viel voneinande­r – ohne dass ein Lehrer eingreifen muss.

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