Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Härleschule muss ihre Modellklassen aufgeben
Für den jahrgangsgemischten Unterricht fehlen die entsprechenden Lehrer – Eltern reagieren mit Verständnis
PFULLENDORF - Weil ihr zum Start ins bevorstehende Schuljahr 2018/19 die entsprechenden Lehrer fehlen, muss die Grundschule am Härle in Pfullendorf ab September auf die jahrgangsgemischten Klassen („Modellklassen“) verzichten. „Ich bedauere das sehr“, sagt die kommissarische Schulleiterin Susanne Seßler. „Wir haben tatsächlich alles versucht, um die Modellklassen fortzuführen – aber leider ohne Erfolg.“Die betroffenen Eltern seien bereits informiert worden. Nahezu alle hätten mit Verständnis auf die schlechte Nachricht reagiert.
Jahrgangsgemischte Klassen gibt es an der Grundschule am Härle seit etwa 20 Jahren – nicht nur, aber auch. So werden zurzeit in zwei Klassen Erst- und Zweitklässler in allen Fächern gemeinsam unterrichtet. Hinzu kommen zwei reguläre erste Klassen und zwei reguläre zweite Klassen. In einer weiteren Klasse sitzen sowohl Dritt- als auch Viertklässler. Darüber hinaus gibt es drei dritte und drei vierte Klassen. „Wir hatten schon mit der Planung für eine zweite kombinierte Klasse aus Dritt- und Viertklässlern begonnen“, sagt Susanne Seßler. Doch daraus werde nun erst einmal nichts. Im Gegenteil: „Wenn man das Ganze realistisch sieht, werden wir in absehbarer Zeit keine Modellklassen mehr anbieten können.“Denn mit dem nötigen Personal fehlt der Schule auch die Planungssicherheit für die Zukunft.
Nur eine Lehrerin zeigt Interesse
„Generell befinden wir uns, was das Kollegium betrifft, im kommenden Schuljahr im Umbruch“, sagt die kommissarische Schulleiterin. „Deshalb ist noch völlig unklar, wie viel Personal wir für wie viele Klassenstufen bekommen.“Fest stehe aber, dass es zu wenige Lehrer geben wird, die jahrgangsgemischte Klassen unterrichten möchten. „Eine Kollegin wird auf eigenen Wunsch hin versetzt, eine andere fällt wegen ihrer Schwangerschaft aus“, sagt Susanne Seßler. „Eine weitere Kollegin würde weiterhin jahrgangsgemischte Klassen unterrichten – aber das reicht leider nicht. Es wäre nicht sinnvoll, eine Klasse allein weiterzuführen.“
Dabei hatte sich Susanne Seßler bis zu den Pfingstferien intensiv nach potenziellen Lehrern für die jahrgangsgemischten Klassen umgesehen. „Leider hat sich niemand gefunden“, sagt sie. „Und ich kann natürlich auch niemanden zwingen.“Das Unterrichten einer jahrgangsgemischten Klasse sei schließlich auch mit deutlich mehr Arbeit verbunden. Die Lehrer müssten beispielsweise gleichzeitig den Unterricht für zwei Klassen vorbereiten und mehr Klassenarbeiten planen und korrigieren. „Da muss man schon auch eindeutig dahinterstehen“, sagt Seßler.
Kinder bleiben in ihrer Gruppe
Über das Ende der jahrgangsgemischten Klassen zum kommenden Schuljahr wurden zunächst die betroffenen Eltern informiert. Anschließend wurden auch die Elternbeiräte darüber in Kenntnis gesetzt. „Nahezu alle Betroffenen haben verständnisvoll reagiert“, sagt Susanne Seßler. Die Mädchen und Jungen der gemischten Klassen würden zum kommenden Schuljahr in reguläre Klassen aufgeteilt. „Dabei entsteht kein komplett neues Klassengefüge, sondern die Kinder bleiben in ihrer gewohnten Gruppe“, unterstreicht die Schulleiterin.
Welche Kinder in regulären und welche in gemischten Klassen unterrichtet werden, richtet sich an der Grundschule am Härle vor allem nach dem Wunsch der Eltern. „Diesem versuchen wir nach Möglichkeit zu entsprechen“, sagt die Schulleiterin. Zum Beispiel lernten die jüngeren Schüler in den altersgemischten Klassen automatisch viel von den älteren – ohne dass ein Lehrer eingreifen müsse. „Das erleichtert den Schulalltag sowohl für die Kinder als auch für die Lehrer“, sagt Susanne Seßler. Das sei einer der großen Vorteile. „Wir haben aber auch gemerkt, dass sich für die altersgemischten Klassen vor allem diejenigen Eltern entscheiden, die sich ohnehin viel um die Schullaufbahn ihrer Kinder kümmern“, sagt Seßler. „Ehrlicherweise muss man sagen, dass das auch zu einer Art Zweiklassengesellschaft geführt hat.“