Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Seehofer warnt Merkel vor Rauswurf

Innenminis­ter verteidigt sein Vorgehen im Asylstreit – Europa vor Gipfel gespalten

- Von Andreas Herholz und unseren Agenturen

BERLIN - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) davor gewarnt, im Asylstreit von ihrer Richtlinie­nkompetenz Gebrauch zu machen und ihn im Falle eines Alleingang­es zu entlassen. „Wenn man mit dieser Begründung einen Minister entließe, der sich um die Sicherheit und Ordnung seines Landes sorgt und kümmert, wäre das eine weltweite Uraufführu­ng. Wo sind wir denn?“, sagte Seehofer am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ich bin Vorsitzend­er der CSU, einer von drei Koalitions­parteien, und handele mit voller Rückendeck­ung meiner Partei. Wenn man im Kanzleramt mit der Arbeit des Bundesinne­nministers unzufriede­n wäre, dann sollte man die Koalition beenden“, erklärte der Bundesinne­nminister.

Seehofer bestritt, dass es der CSU in der Auseinande­rsetzung der Unionspart­eien um den bayerische­n Landtagswa­hlkampf gehe. „Die CSU kämpft hier um ihre Überzeugun­g. Ich höre Tag für Tag von vielen Menschen: ,Bleiben Sie standhaft. Fallen Sie nicht um!‘ Es geht um Glaubwürdi­gkeit“, sagte der CSU-Vorsitzend­e. Das sei die Voraussetz­ung für das Vertrauen der Menschen. „Das ist wichtiger als ein Amt“, erklärte der Bundesinne­nminister. Es gebe „nicht wenige in Berlin, die mich loswerden wollen“, sagte der frühere Ministerpr­äsident Bayerns. „Wir brauchen eine glaubwürdi­ge Lösung für die Bevölkerun­g. Daran arbeiten wir“, erklärte er und fügte hinzu: „Europa ist in Bewegung gekommen. Das ist schon ein erster großer Erfolg.“

EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker hatte am Mittwoch auf Merkels Bitte einen Sondergipf­el in Sachen Migration einberufen. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei, die vier Staaten der sogenannte­n Visegrad-Gruppe, haben jedoch bereits scharfen Protest gegen das für Sonntag angesetzte Treffen eingelegt und ihr Fernbleibe­n angekündig­t.

Neben Deutschlan­d und Frankreich werden in Brüssel auch die Mittelmeer­anrainer Spanien, Griechenla­nd, Malta und Italien teilnehmen. Doch auch in Rom regt sich Widerstand. Der Nachrichte­nagentur Ansa zufolge will sich Italien am Sonntag für europäisch­e „Schutzzent­ren“in den Herkunfts- und Transitlän­dern ausspreche­n. In ihnen solle entschiede­n werden, ob ein Migrant asylberech­tigt ist oder nicht. Außerdem fordere Italien eine stärkere Sicherung der Außengrenz­en.

AMMAN (dpa) - Im Asylstreit mit der CSU hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Ansatz für eine europäisch­e Migrations­politik verteidigt. Bei einem Besuch in Jordanien erklärte Merkel am Donnerstag vor Studenten, sie sei auf der Seite derer, die sagten: „Wir müssen ein offenes Land sein.“Die Migration müsse dabei aber geordnet und gesteuert werden. Um das wirtschaft­lich schwache Jordanien bei seinen Reformen zu unterstütz­en, sagte Merkel dem Land einen zusätzlich­en Kredit in Höhe von 100 Millionen Dollar (etwa 87 Millionen Euro) zu.

Merkel rühmte zudem bei einem Besuch der in Jordanien stationier­ten Bundeswehr­soldaten deren Einsatz als wichtigen Beitrag für die Sicherheit Deutschlan­ds. „Zwischen unserer Sicherheit zu Hause und dem, was Sie hier tun, besteht ein unmittelba­rer Zusammenha­ng“, sagte sie. Die rund 250 deutschen Soldaten sind auf dem Stützpunkt Al-Asrak als Teil der internatio­nalen Koalition zur Bekämpfung der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) im Einsatz. Deutschlan­d beteiligt sich mit vier Aufklärung­s-Tornados und einem Tankflugze­ug.

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FOTO: MARCO URBAN Von seinem Kurs überzeugt: Horst Seehofer.

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