Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schaflos in Deutschland
Jeder dritte Bundesbürger schläft laut Umfrage schlecht – und tut wenig dagegen
BERLIN (KNA) - „Morgenstund' hat Gold im Mund“besagt ein deutsches Sprichwort. Das gilt nicht für jeden, denn viele Menschen schlafen schlecht ein und wachen am Morgen völlig gerädert auf. Das zeigt auch eine Umfrage: Jeder Dritte schläft in der Nacht schlecht.
Die Betroffenen sind als Folge morgens unausgeruht und kämpfen tagsüber mit Müdigkeit sowie Konzentrationsstörungen, wie die Initiative „Deutschland schläft gesund“anlässlich des Tags des Schlafs am gestrigen Donnerstag in Berlin mitteilte. 15 Prozent der Befragten seien fast jede Nacht von Schlafstörungen betroffen. Jedoch suche nur ein Drittel medizinische Hilfe. Für die repräsentative Umfrage befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Mai 1010 Menschen ab 18 Jahren.
Um auf die Schlafprobleme der Deutschen aufmerksam zu machen, gründeten einige Schlafmediziner mit der Deutschen Stiftung Schlaf die Initiative „Deutschland schläft gesund“. Das Ziel sei, ein Bewusstsein für den gesunden Schlaf zu schaffen und über den ungesunden Schlaf aufzuklären.
Mit Blick auf die Zahlen scheint das notwendig zu sein. Schlafmangel habe sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft Folgen, heißt es in der Studie. So gaben demnach 16 Prozent der Frauen und 36 Prozent der Männer an, schon beim Autofahren kurz eingeschlafen zu sein. Auch die Gesundheit leidet unter zu wenig Schlaf. Wer immer weniger als sechs Stunden schlafe, bei dem steige die Sterblichkeitsrate und
auch die Wahrscheinlichkeit für Krankheiten wie Depressionen, Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen.
Auch auf die Wirtschaft wirkt sich eine unausgeschlafene Gesellschaft aus, denn daraus entstehen laut Initiative Produktionsverluste: Rund 210 000 Arbeitstage verlieren deutsche Unternehmen jährlich durch müde Mitarbeiter. Umgerechnet liege
das Bruttoinlandsprodukt rund 60 Milliarden Euro unter dem theoretisch erreichbaren Wert. Die Initiative beruft sich bei diesen Angaben auf eine Studie der Nichtregierungsorganisation Rand aus dem Jahr 2016.
Um die Auswirkungen von Schlafmangel einzudämmen, fordert die Initiative in jeder Stadt ab 50 000 Einwohnern mindestens eine schlafmedizinische Praxis. Zudem müssten
Krankenkassen Kosten für Schlaftherapien komplett übernehmen. Der Chefarzt des Schlafmedizinischen Zentrums Ruhrlandklinik in Essen, Helmut Teschler, erklärte: „Wenn ich unter Schlafproblemen leide, können Ärzte oft nur Schlaftabletten verschreiben. Das ist der falsche Ansatz.“
Doch wie schaffen es Betroffene, jede Nacht gut zu schlafen? Nach Ansicht von Wissenschaftlern gilt hier das Sprichwort „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“. Menschen mit Schlafproblemen müssen laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) ihre eigenen Schlafbedürfnisse herausfinden und daraus gleichbleibende Schlafgewohnheiten entwickeln. Konkret bedeute das, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzuwachen. Nachteulen und Frühaufsteher sollten auf ihre innere Uhr hören.
Koffein, Tabak und Alkohol vier Stunden vor Schlafenszeit tabu
Auch Stress im Alltag kann demnach Schlafprobleme auslösen – und muss vermindert werden. Die Ärzte empfehlen zwischen sieben und neun Stunden Schlaf, der gut vorbereitet sein sollte: Vier Stunden vor der Schlafenszeit sind daher Koffein, Zigaretten oder Alkohol tabu.
Fernsehen im Bett raubt ebenfalls Schlaf. Gleiches gelte für das Arbeiten, Essen und Lesen. Wenn manche im Schlafgemach unbedingt lesen wollen – dann auf keinen Fall dienstliche Texte.
Besonders Smartphones und Tablets rauben offenbar Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig den Schlaf. Das ergab eine aktuelle Umfrage der Barmer Krankenkasse. 33 Prozent der Befragten, die elektronische Geräte permanent im Schlafzimmer haben, bleiben demnach häufig oder immer länger auf als beabsichtigt. Von denen, die ohne Elektronik im Schlafzimmer auskommen, seien es nur 15 Prozent. Daher muss das Smartphone am besten aus dem Schlafzimmer verbannt werden.