Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Trend zu Proteinzusätzen im Essen
Brot, Müsli oder Joghurt gibt es neuerdings mit Extraeiweiß – Was bringt das?
STUTTGART (dpa) - Im Kühlregal steht ein Joghurt mit extra viel Protein, in der Müsli-Abteilung locken Haferflocken mit Proteinzusatz und bei den Backwaren liegt Eiweißbrot. Was lange nur im Fitnessstudio zu haben war, hält Einzug in die Supermärkte: Proteinprodukte. Aber woher kommt der Trend? Und ist das Extraeiweiß sinnvoll?
„Alle wollen fit und gesund sein. Eiweiß hat den guten Ruf, dass es sehr gut sättigt“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). „Es ist ein wichtiger Baustoff für Zellen und Gewebe.“Die Entwicklung habe auch mit Ernährungstrends wie Low Carb oder Paleo nach Steinzeitvorbild zu tun. Auch vegetarische und vegane Ernährung spiele dabei eine Rolle.
Die Proteinprodukte im Supermarkt richten sich nach Einschätzung der Ernährungsexpertin aber nicht an Bodybuilder, die Muskeln aufbauen wollen. „Eine höhere Proteinzufuhr geht mit einer höheren Sättigung einher“, erklärt die Ökotrophologin. „Für Lieschen Müller steht eher im Vordergrund: Wenn ich mehr Proteine esse, habe ich weniger Hunger und nehme ab.“
Aus Sicht der DGE-Expertin ist das Extraeiweiß keine Notwendigkeit. „Protein ist wirklich in sehr vielen Lebensmitteln enthalten“, erklärt Gahl. „Sie brauchen gar nicht so viel, um diesen Bedarf zu decken.“Drei bis vier Scheiben Vollkornbrot, ein Viertelliter Milch, ein kleiner Becher Joghurt, eine Portion Kartoffeln und ein Stück Fisch – damit komme man auf 60 Gramm Protein.
Das sei etwas mehr als ein erwachsener Mann im Schnitt überhaupt brauche. Bei einer 60-KiloFrau seien es nur 48 Gramm. Selbst für einen Breitensportler, der vierbis fünfmal pro Woche eine halbe Stunde Sport treibe, reiche die empfohlene Durchschnittsmenge Eiweiß ohne Probleme aus.
Und tatsächlich kann es auch ein Zuviel des Guten geben: „Es gibt Studien, die zeigen, dass eine dauerhaft erhöhte Proteinzufuhr die Nieren schädigen kann“, erklärt Gahl.
Eine Studie unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) zeigte vor einigen Jahren zudem, dass zu viel Eiweiß Übergewichtige schlechter auf Insulin reagieren lässt – und sich dadurch auch auf das Diabetes-Risiko auswirkt.
Und Produkte, die schon von Haus aus nicht gesund sind, werden es mithilfe von Protein wohl auch nicht. „Ganz absurd ist das bei Schokoriegeln“, betont Gahl. Mittlerweile gibt es die Riegel als Proteinvariante zu kaufen. Einen simplen Rat der Expertin zum Schluss: „Man sollte seinen Proteinbedarf nicht über Schokolade decken.“