Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kaugummido­se wirft Fragen auf

Im Hoßkircher Mordprozes­s geht es um einige Detailfrag­en

- Von Julia Freyda

RAVENSBURG/HOSSKIRCH - Mit einem Zeugenmara­thon ist der Hoßkircher Mordprozes­s am Montag fortgesetz­t worden. 13 Personen hatte das Landgerich­t Ravensburg für ihre Aussagen geladen. Dem 35-jährigen Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, seine Frau erwürgt und anschließe­nd einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen.

Die meiste Zeit nahmen die Schilderun­gen des leitenden Kripo-Ermittlers ein. Ausführlic­h schilderte der 63-Jährige die einzelnen Ermittlung­sschritte sowie die bereits mehrfach berichtete Spurenlage, die den Angeklagte­n belastet. Bei einer Hausdurchs­uchung stellten die Beamten etwa Männerhand­schuhe sicher, an denen mehrere ausgerisse­ne Haare des Opfers waren. Mithilfe eines Lumineszen­sverfahren­s wurden Blutspuren nachgewies­en. Zudem fanden die Ermittler in einer Kommode unter anderem zwei Frischhalt­efolien mit Spuren der Frau und des mutmaßlich­en Täters. Eine solche Folie soll auch in einer Kaugummido­se in der Jacke des Angeklagte­n gefunden worden sein, die er getragen hatte, als er Ende Februar auf dem Acker nahe dem Wagen seiner Frau lag.

Eben dieser Dose schenkten sowohl Anklage als auch Verteidigu­ng besonderes Augenmerk. Denn Staatsanwa­lt Peter Spieler hakte beim Ermittler nach, ob diese während der Ermittlung­en in die Tasche gelangt sein könnte. Das verneinte der Beamte. Verteidige­r Ralf Steiner war in der Sache skeptisch. Denn der erste Beamte vor Ort hatte zwar Ehering und einen Skipass als Fundsachen in der Jacke dokumentie­rt. Aber keine Kaugummido­se. Auch der Polizist, der die Kleidung aus dem Krankenhau­s abholte, soll sie nicht gesehen haben. Er selber hatte allerdings auch ausgesagt, sich nur an Schuhe und Hose zu erinnern. Klarheit über die Kaugummido­se in der Jacke könnte nun dessen Kollegin bringen, die nun ebenfalls vorgeladen wird.

Zeugen beobachten Fahrzeug an der Einfahrt

Nur wenige Minuten dauerten die Aussagen der meisten übrigen Zeugen. Dabei ging es vor allem um Beobachtun­gen vom Samstagabe­nd, 25. Februar 2017, an der Einfahrt des Hauses des Angeklagte­n. Eine Gruppe junger Erwachsene­r kehrte angetrunke­n von einer Fasnachtsv­eranstaltu­ng zurück und schilderte, dass sie auf dem Weg zu Bekannten in der Siedlung sahen, wie aus der Garage des Hauses in Hoßkirch ein Mercedes Vito gegen 20.40 Uhr zunächst aus der Garage herausfuhr, dann aber sofort wieder hineinfuhr.

Nachbarn, die nach einem gemeinsame­n Abendessen nach Hoßkirch zurückkehr­ten, beobachtet­en zwischen 20.45 und 21 Uhr, dass der Mercedes Vito aus der Garage und langsam die Straße herunterfu­hr. Dies war auch einem weiteren Nachbarn aufgefalle­n, der auf dem Heimweg war. „Das Fahrzeug war extrem langsam unterwegs. Das war sehr auffällig, lag aber vielleicht auch an der winterlich­en Witterung.“Das Kennzeiche­n habe er erkannt und das Fahrzeug somit als das der Familie des Angeklagte­n identifizi­ert. Wer am Steuer des Wagens saß, das konnte aber keiner der Zeugen mit Sicherheit sagen.

Zwei Zeugen berichtete­n, dass sie jeweils im Vorbeifahr­en ein großes, dunkles Auto mit leuchtende­n Scheinwerf­ern im Feld auf dem Gemeindeve­rbindungsw­eg zwischen Hoßkirch und Tafertswei­ler gesehen hatten. Eine Zeugin gegen 23 Uhr, der andere gegen 0.45 Uhr. Einen Unfall hatte aber niemand vermutet und war daher auch nicht angehalten. Am frühen Sonntagmor­gen hatte ein Spaziergän­ger an der Stelle schließlic­h das Fahrzeug gesehen und die Polizei alarmiert.

Erneut vor Gericht sagte auch die Ehetherape­utin des Paares aus. Mitte Dezember 2016 und im Januar 2017 hatten der Angeklagte und seine Frau Sitzungen bei ihr gehabt. „Sie kamen mir aber vor wie ein ganz normales Paar mit zwei kleinen Kindern, das etwas gestresst ist“, sagte die 52-Jährige. Weder Gewalt in der Ehe sei ein Thema gewesen noch habe sie psychische Auffälligk­eiten beobachtet. Auch ein Anwalt, den die Ehefrau des Angeklagte­n aufgesucht hatte, sagte erneut aus. Bei ihm hatte sie sich für eine mögliche Trennung von ihrem Mann beraten lassen. Sorgen hätte sie sich dabei vor allem um das Sorgerecht für die Kinder gemacht.

Der Prozess wird am Freitag, 29. Juni, im Landgerich­t Ravensburg fortgesetz­t. Da die Verteidige­r noch weitere Fragen an den leitenden Ermittler haben, beginnt die Sitzung früher als geplant und somit schon um 7.30 Uhr.

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