Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Altes Handwerk fasziniert Marktbesucher
(Fast) ausgestorbene Fertigkeiten können bewundert werden
BAD SAULGAU - Ein super Wetter, tolle Stimmung, zahlreiche Besucher und Marktbeschicker, die Jung und Alt zum Staunen, Mitmachen und Genießen animiert haben – so lässt sich der historische Handwerkerund Bauernmarkt am Samstag in der Innenstadt von Bad Saulgau kurz umschreiben. Das althergebrachte Handwerk hat natürlich wieder breiten Raum eingenommen – und die Besucher aufs Neue fasziniert.
„Ein Handwerk ist (fast) verschwunden“steht auf der Tafel am Stand von Andreas Kaupp. Die Rede ist von der Kunst des Bürstenmachens. „Ich hab das von meinem Vater gelernt“, erzählt der Marktbeschicker aus Waldachtal, während eine Besucherin sich für zwei „Handbürstle“in der „harten Version“entscheidet. Weil es die sonst ganz selten zu kaufen gibt und „viel länger halten als die aus dem Drogeriemarkt“.
Ein paar Meter weiter fertigt Eberhard Mattes mit routinierten Griffen einen Stallbesen, der von einer Besucherin bestellt worden ist, die beim Schlendern durch den Markt auf den Stand aufmerksam wurde. „Weil’s anderswo koine gscheide gibt“, sagt sie und verfolgt gespannt, wie ihr Mitbringsel aus Birkenholzgeäst und Tannenstil Gestalt annimmt. Zwanzig Minuten dauert das etwa. „Wenn der Unterhaltungswert hoch ist, dann geht’s vielleicht auch ein bisschen länger“, schmunzelt Mattes, „kostet aber gleich viel“. Dann ist ein Hexenbesen dran, der in der Dorauszunft seinen Einsatz finden wird.
Von Kindern wird gerne auch mal ein „Bibi Blocksberg-Besen“bestellt. Auf dem Marktplatz wird derweil getanzt, getrommelt, musziert und sich auf ein Schwätzchen und eine Tasse Kaffee niedergelassen. Drumherum freuen sich besonders die kleinen Gäste über ein großes Aufgebot an Pferden, Kälbern, Enten, Schweinen und Hasen. Selbst zwei Kühe tummeln sich im Schatten der Bäume beim Röhrbrunnen. „Oh je, die Armen“, sagt eine Mutter, als sie am Hasenstall vorbeigeht, der in der Sonne steht und mit Säcken abgedeckt ist, um die Hitze abzumildern. „Die haben auch was zu trinken im Käfig“, sagt der Besitzer und versichert, dass die Tiere nicht leiden. Erstmals mit dabei sind die „Menger Ablawäschweiber“. Aber fehlt da nicht ein „ch“? Schließlich wird der Name von dem Flüsschen Ablach abgeleitet, das mitten durch Mengen fließt. Doch der Grund ist ganz einfach. „In Menga said koi Mensch „Ablach“, sondern nur „Abla“, erklärt Waschfrau Lucia Steinhart.
Danach wird eine Waschpause eingelegt und herzhaft gesungen. „Wir tratschen am Brunnen die neuesten Geschichten und waschen die Wäsche der anderen mit“, tönt es aus den 15 Kehlen. Und die Kinder versuchen sich im Kräfte zehrenden Wäschestampfen und haben auch sonst allerhand zu tun an diesem Vormittag. Ob Seifenkugeln herstellen, Specksteine formen, Seile drehen oder jonglieren – das macht Spaß, vor allem, wenn es hinterher ein erfrischendes Eis oder andere Leckereien gibt, die es an vielen Ständen zu kaufen gibt. Zwar sind immer wieder dunkle Wolken am Himmel zu sehen. Aber die ziehen vorbei, so dass die Besucher samt Marktbeschicker bis zum Schluss von herrlichem Sommerwetter verwöhnt werden.