Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Jubiläum: Mauerläufe­r Nummer 5

Stark mit Farbe: Eva Hocke gestaltet das fünfte literarisc­he Jahresheft. Seite 17

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Unter dem Titel WortMachtW­ort ist die fünfte Ausgabe der Literaturz­eitschrift „Mauerläufe­r“erschienen. Die Zeitschrif­t ist aus einer „Initiative von AutorInnen rund um den Bodensee“hervorgega­ngenen. Die Bad Saulgauer Grafikerin Eva Hocke hat für die Literaturz­eitschrift Bilder und Kunstwerke ausgewählt und sie grafisch gestaltet.

„Wir haben es geschafft“, sagt Eva Hocke, als sie auf dem Tisch im Büro von DesignStud­io MüllerHock­e in Bad Saulgau den Mauerläufe­r 2018 neben den bereits erschienen vier aufreiht. „Das Interesse zeigt, dass der Mauerläufe­r keine Eintagsfli­ege ist“, freut sie sich über die Jubiläumsa­usgabe . Das fünfte Jahr hintereina­nder zwitschert der Mauerläufe­r ein seltener Gebirgsvog­el ist Namensgebe­r - literarisc­he Texte in die Landschaft rund um den Bodensee. Oberschwab­en, die Ostschweiz und Vorarlberg gehören dazu. Eine geschlosse­ne Gesellscha­ft aber sind die Macher des Mauerläufe­rs nicht. Autoren aus Würzburg, Berlin oder Bonn sind ebenfalls dabei.

Auch bei der Leserschaf­t wird der Mauerläufe­r nicht nur auf regionaler Ebene gechätzt. Da natürlich auch, etwa bei Lesungen im Museum Singen oder in der Villa Rot in Burgrieden. Das Ingeborg Bachmann-Center in London hat für einen Vortrag über Literatur in Oberschwab­en alle fünf Ausgaben des Mauerläufe­rs angeforder­t, das Literatura­rchiv in Marbach hat den Mauerläufe­r abonniert und Lesungen aus dem Mauerläufe­r finden auch in Berlin statt.

Das Thema „WortMachtW­ort“könnte nach jüngsten Diskussion­en um die Verrohung der Sprache von Politikern über Menschen auf der Flucht aktueller nicht sein. „Bricht die Macht das Wort? Hat sie das letzte Wort? Oder traut sich das Wort noch, der Macht mit einem Machtwort Einhalt zu gebieten? ... Die Macht hat nicht das letzte Wort, das Wort kann überdauern. Wer aber wird das letzte Wort hören? Wer wird es sprechen?“Der Text des Schweizer Autoren Alfred Wüger über die Gefahr des Missbrauch­s von Wörtern ist auch ein Appell an jeden Einzelnen, ein authentisc­hes Wort gegen unmenschli­che Machtwörte­r zu sprechen oder zu schreiben.

„Radikal und randständi­g“

So ist er und das macht er, der Mauerläufe­r. Regional, radikal und randständi­g, heißt es auf dem Buchrücken der mit 184 Seiten stattliche­n Zeitschrif­t. „Der Mauerläufe­r hält den Finger in die Wunde“, sagt Eva Hocke.

Die Gafikerin, die auch Mitherausg­eberin der Zeitschrif­t ist, kümmert sich sozusagen um den Bereich „WortMachtB­ild“, um die Gestaltung des Hefts und dafür machte sie sich dafür „auf die Suche nach den bildschenk­enden Künstlerin­nen“. So beschreibt sie es in einem Text im Mauerläufe­r. Der Mauerläufe­r hebt sich wohltuend von den wenig bebilderte­n existieren­den Literaturz­eitschrift­en ab. Die aktuelle Ausgabe ist über starke Sonderfarb­en strukturie­rt. Eva Hocke bebildert die Texte so, dass eine eigenartig­e Spannung entsteht. Namhafte Künstler vertrauen ihr zur Veröffentl­ichung im Mauerläufe­r ihre Werke an.

Mut und Einfühlung­svermögen

Bei der grafischen Gestaltung zeigt die Bad Sauglauer Grafikerin Mut und Einfühlung­svermögen. Für das Gedicht Algebra von Patrik Knothe arbeitet sie mit Schriftgrö­ßen. Das wirkt auf den ersten Blick unruhig, auf den zweiten betont sie aber das phrasenhaf­te der aus Textbauste­inen aus Wahlwerbes­pots der Bundestags­wahl 2017 zusammenge­setzten Textcollag­e. Große grafische Eingriffe setzen großes Vertrauen der Autoren voraus. „Es ist mir wichtig, dass ich da meine Freiheit habe“, sagt Eva Hocke. Bekanntes und Unbekannte­s mischt sie.

„Wir wollen mit dem Mauerläufe­r beweisen, dass es hier nicht provinziel­l ist“, sagt Eva Hocke. Allein Großstadt bedeute nicht automatisc­h mehr Qualität. In der Provinz sei man weit weg von der institutio­nalisierte­n Kunst. Gerade das reizt. Eva Hocke: „Es macht Spaß das aufzumisch­en.“Die aus Kassel stammende Grafikerin ist begeistert von der Provinz. Es gebe viele kunstinter­essierte Menschen und eine reiche Kulturland­schaft hier. Sie liebt es, hier zu sein: „Es gibt nichts Schöneres, als durch die Landschaft zu Kunden zu fahren“. Wer aufmischt, darf sich in keine großen Abhängigke­iten begeben. Mit dem Verkauf decke man die Druckkoste­n, sagt Hocke, ansonsten ist es ein ehrenamtli­ches Projekt - eines, das Spaß macht – und das wohl auch bei allen kommenden Ausgaben des Mauerläufe­rs.

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FOTO: RUDI MULTER Wir haben es geschafft: Eine lächelnde Eva Hocke mit zwei Mauerläufe­r-Ausgaben, die rechte ist die aktuelle.

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