Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ministerium widerspricht Berichten über geheime „Fangquoten“für Polizei
Beamte orientieren sich bei Ahndung von Verkehrsdelikten aber an Vorjahreszahlen
STUTTGART (lsw) - Für BadenWürttembergs Polizisten gibt es nach Angaben des Innenministeriums keine strikten Vorgaben, wie viele Sünder im Straßenverkehr erwischt werden sollen. Das betonte ein Sprecher des Innenministeriums am Montag in Stuttgart. Er widersprach damit einem Bericht von „Stuttgarter Nachrichten“und „Stuttgarter Zeitung“, die von geheimen „Fangquoten“berichtet hatten.
Bei der Organisation der Polizeiarbeit orientiere man sich zwar an etlichen Daten der Vorjahre, erklärte der Ministeriumssprecher. Vorgaben, diese erreichen zu müssen, gebe es aber nicht. Er kenne keine Polizei, die das nicht so mache.
„Modernes Controlling“
Dem Bericht zufolge hat jedes Revier Vorgaben, wie viele Handy-, Alkoholoder Gurtpflichtsünder im Straßenverkehr es zu erwischen habe. Jeder Beamte habe eine bestimmte Zahl an Gurtmuffeln, Temposündern und alkoholisierten Autofahrern zu fangen.
Wie der Sprecher des Ministeriums erklärte, ist ein Blick in die Statistik wichtig, um Personal zielgenau einsetzen zu können. Er sprach von „modernem Controlling“. Jedes Revier müsse wissen, wie wahrscheinlich ein Verstoß an welchem Ort sei. Eine Vorgabe, nach der diese Orientierungswerte jedes Mal wieder erreicht werden müssten, gebe es nicht. Einzelne Beamte hätten auch keine Konsequenzen zu befürchten. „Das ist nicht der Führungsstil der Polizei im 21. Jahrhundert“, sagte der Sprecher.
Als „Steuerungsmittel“und „Führungsinstrument“bezeichnete Carsten Beck, Vize-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Baden-Württemberg, den Blick in die Zahlen. Je angespannter die Personallage auch durch Sonderaufgaben sei, desto eher mache sich der Verfolgungsindex als Druck bei einzelnen Beamten bemerkbar. „Vor allem, wenn er nicht nach unten korrigiert wird.“
Ulrich Goll, Innenexperte der FDP im Landtag, sprach von Zielwerten, gegen die aus seiner Sicht grundsätzlich nichts zu sagen sei. Was aber nicht passieren dürfe: „Dass Polizeibeamte bis zur Erschöpfung in Einsätze zur Überwachung der Gurtpflicht geschickt werden, für die Allgemeinheit gefährliche Delikte aber nicht mit dem notwendigen Verfolgungsdruck in den Fokus genommen werden.“