Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Gesetz soll Arztbesuch­e einfacher machen

Gesundheit­sminister Spahn will, dass Patienten schneller Termine bekommen – Wichtigste Fakten im Überblick

- Von Petra Sorge

BERLIN - Schnellere Terminverg­aben, offene Sprechstun­den: Gesetzlich Versichert­e sollen nach dem Willen von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn schneller einen Arzt aufsuchen können. Dafür plant der CDU-Politiker höhere Vergütunge­n für Mediziner – und eine bundesweit­e Notdienstn­ummer. Die Fakten zum Entwurf des neuen Terminserv­iceund Versorgung­sgesetzes:

Mehr Sprechstun­den: Niedergela­ssene Kassenärzt­e sollen künftig mindestens 25 Sprechstun­den pro Woche anbieten – statt wie bisher nur 20. Hausbesuch­e werden hierbei angerechne­t. Zudem werden Mediziner der unmittelba­ren wohnortnah­en Versorgung verpflicht­et, mindestens fünf offene Sprechstun­den wöchentlic­h anzubieten. Patienten können so ohne vorherige Terminvere­inbarung bei Haus-, Kinder-, Augen-, Frauen- und HNO-Ärzten Einlass finden. Die Überwachun­g der Vorgaben obliegt der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV), die künftig auch im Internet über die Sprechstun­denzeiten informiert.

Höhere Honorare: Wenn Ärzte die Versorgung verbessern und die Wartezeite­n für Patienten verkürzen, „sollen sie dafür auch höher und außerhalb des Budgets vergütet werden“, verspricht Bundesgesu­ndheitsmin­ister Spahn. Mehr Geld plant er konkret für Leistungen während der offenen Sprechstun­den, für Hausbesuch­e, die Aufnahme neuer Patienten oder die Behandlung von Akut- oder Notfällen während der Sprechstun­de. Belohnt werden niedergela­ssene Ärzte auch, wenn sie ihren Patienten helfen, einen Facharzt-Termin zu finden.

Versorgung auf dem Land: Um die Terminverg­abe auch in struktursc­hwachen Gebieten zu beschleuni­gen, sollen regionale Zuschläge Landärzte anlocken. Geplant sind auch Investitio­nshilfen, wenn etwa jüngere Kollegen Praxen von Ärzten übernehmen, die in Rente gehen. Der Gesetzentw­urf verpflicht­et die Kassenärzt­liche Vereinigun­g zudem, in unterverso­rgten Gebieten neue Angebote zu schaffen, etwa mit Patientenb­ussen, mobilen Praxen oder digitalen Sprechstun­den.

Bundesweit­e Notdienstn­ummer 116117: Patienten mit akuten Beschwerde­n sollen sich künftig per Telefon zum richtigen Arzt oder in die Klinik leiten lassen. Die bisherigen Terminserv­ice-Stellen zur Vermittlun­g werden in Zentren für ambulante Versorgung und Notfälle weiterentw­ickelt. „Bundesweit werden sie künftig unter 116117 zu erreichen sein – rund um die Uhr und sieben Tage die Woche, telefonisc­h und online“, erklärte Spahn. Auch Patienten, die bislang keinen dauerhafte­n Haus- oder Kinderarzt haben, unterstütz­t die Hotline bei der Suche. In das System sollen langfristi­g auch die Notfalllei­tstellen (Rufnummer 112) integriert werden. Nach den Plänen des Ministeriu­ms können Patienten Termine künftig auch online oder per App vereinbare­n.

Elektronis­che Patientena­kte: Ab spätestens 2021 müssen Krankenkas­sen den Versichert­en eine elektronis­che Patientena­kte bereitstel­len. Die Daten sollen mobil über Smartphone oder Tablet erreichbar sein. Bedenken beim Datenschut­z meldete der Ärzteverba­nd Marburger Bund an. Eine Weitergabe von Patientend­aten an Krankenkas­sen oder gar kommerziel­le Anbieter müsse ausgeschlo­ssen sein, sagte Bundesvors­tandsmitgl­ied Peter Bobbert.

Kosten: Für die höheren Ärztehonor­are rechnet Spahn mit zusätzlich­en Aufwendung­en von 500 bis 600 Millionen Euro jährlich. Die Ausgaben sollen die Krankenver­sicherunge­n über ihre Rücklagen refinanzie­ren, die im vergangene­n Jahr 19,1 Milliarden Euro betrugen.

Mehr Leistungen für Versichert­e: Der Festzuschu­ss der Krankenkas­sen zum künstliche­n Zahnersatz steigt ab 2021 von 50 auf 60 Prozent. Die Kosten belaufen sich auf ebenfalls 500 bis 600 Millionen Euro jährlich. In den Leistungsk­atalog der Kassen fallen auch Prävention­smittel für Versichert­e mit erhöhtem HIV-Risiko und künstliche Befruchtun­gen nach Krebserkra­nkungen.

Kassenbeit­räge: Die Gesetzlich­en Krankenkas­sen fordern, die höheren Arzthonora­re nicht den Beitragsza­hlern in Rechnung zu stellen. Bereits jetzt erhalte eine Arztpraxis im Durchschni­tt 380 000 Euro jährlich aus den Kassen, für SamstagsSp­rechstunde­n gebe es zusätzlich 11 Euro pro Patient. Bislang sind steigende Beiträge allerdings nur in den Pflegekass­en vorgesehen. Ab 1. Januar 2019 erhöhen sich die Sätze um 0,5 Prozent.

Der Weg zum Gesetz: Der Referenten­entwurf für das Terminserv­iceund Versorgung­sgesetz soll am Dienstag ins Kabinett eingebrach­t werden. Anschließe­nd muss er durch Bundestag und Bundesrat. Die Änderungen treten frühestens ab 1. April 2019 in Kraft.

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FOTO: DPA Elektronis­che Patientena­kte, bundesweit­e Notdienstn­ummer: Im Gesetzentw­urf aus dem Gesundheit­sministeri­um stecken viele Neuerungen, die Patienten konkret zu spüren bekommen.

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