Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Für Macron wird es ungemütlic­h

Prügelatta­cke eines wichtigen Mitarbeite­rs wirft schlechtes Licht auf französisc­hen Präsidente­n

- Von Christine Longin und Agenturen

PARIS - Der Saal 6242 im zweiten Untergesch­oss der französisc­hen Nationalve­rsammlung war dicht besetzt, als am Montagmorg­en um zehn Uhr die Befragung von Innenminis­ter Gérard Collomb begann. Nicht alle Abgeordnet­en des Untersuchu­ngsausschu­sses hatten ein Mikrofon, um Collomb Fragen zu stellen. Dabei wollten die Parlamenta­rier von dem 71-Jährigen viel wissen, nachdem in der vergangene­n Woche die Affäre um Alexandre Benalla bekannt geworden war, den inzwischen entlassene­n Sicherheit­sbeauftrag­ten von Emmanuel Macron.

Benalla hatte bei der Pariser Maikundgeb­ung als Beobachter der Polizei auf eigene Faust auf einen Demonstran­ten eingeprüge­lt. Als oberster Polizist Frankreich­s hätte Collomb eigentlich Antworten liefern müssen, wie das passieren konnte. Doch der frühere Bürgermeis­ter von Lyon besaß erschrecke­nd wenig Informatio­nen über den früheren Bodyguard.

„Ich habe ihn getroffen, aber ich wusste nicht, dass er Sicherheit­sberater des Präsidente­n war“, versichert­e Collomb. Der Ex-Sozialist, der sich als erster prominente­r Politiker schon 2016 dem späteren Präsidents­chaftskand­idaten Macron angeschlos­sen hatte, belastete den Staatschef. Er habe am Nachmittag des 2. Mai von dem heiklen Video erfahren, das Benallas Ausschreit­ungen zeigt, sagte er. Er habe daraufhin das Präsidiala­mt informiert. Als von dort die Ansage kam, dass Maßnahmen ergriffen würden, war die Sache für Collomb zunächst erledigt. „Ich war der Ansicht, dass die gemeldeten Ereignisse auf der passenden Ebene behandelt wurden und habe mich deshalb nicht mehr um das Thema gekümmert.“

Der Präsident selbst versammelt­e am Wochenende seine wichtigste­n Minister um sich, um einen Ausweg aus der Krise zu finden. Der Präsident verurteile das „schockiere­nde und nicht hinnehmbar­e Verhalten“, ließ der Elysée hinterher mitteilen. Der Vorfall habe „Funktionss­törungen“im Präsidente­npalast gezeigt, die nun mit Reformen behoben werden sollen. Ob und wann Macron sich zu dem Skandal äußern wird, ließen seine Mitarbeite­r offen.

Benalla verteidigt­e am Montag seine Prügelatta­cke. Er habe der Polizei lediglich helfen wollen, ließ er über seine Anwälte erklären. Der 26Jährige führte aus, er habe bei der Kundgebung „zwei besonders heftig agierende Individuen“ausgemacht und dabei helfen wollen, „diese Personen unter Kontrolle zu bringen“.

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FOTO: AFP Präsident Emmanuel Macron hat seinen Sicherheit­sbeauftrag­ten entlassen – doch der Fall verfolgt ihn weiter.

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