Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bauernverband lehnt Obergrenze für Viehhaltung ab
Hitze und Trockenheit verstärken Debatte um nachhaltige Landwirtschaft
BERLIN (dpa) - Anhaltende Hitze und Trockenheit in Teilen Deutschlands heizen die Debatte um eine nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland an. Die Dürre lässt nicht nur die Getreideernte geringer als sonst ausfallen. Auch das Tierfutter für Rinder droht knapp zu werden, weil auf den Wiesen nicht ausreichend Gras wächst.
Grünen-Chef Robert Habeck forderte, Prämien für Landwirte daran zu koppeln, dass eine bestimmte Viehzahl pro Hektar Land nicht überschritten wird. „Passiert das nicht, wird es zu sehr radikalen Schritten kommen müssen, nämlich einer Obergrenze der Viehhaltung“, sagte der schleswig-holsteinische Agrarminister der „Welt“, etwa zwei Rinder pro Hektar Land. Widerspruch kam vom Bauernverband. „Diesen Vorschlag halten wir für nicht zielführend“, sagte Präsident Joachim Rukwied. Entscheidend sei, dass die Zahl der Tiere zur Region passt und die Nährstoffkreisläufe stimmten – damit ist die Entsorgung der Gülle gemeint. „Im Übrigen setzt die neue Düngeverordnung dem Tierbestand bereits seine Grenzen“, fügte Ruckwied hinzu. Deutschland hat Ärger mit der EU, weil die Nitratwerte im Grundwasser zu hoch sind.
EuGH urteilt am Mittwoch
Der Bauernverband zieht andere Schlüsse aus dem Wetter: „Die Dürre zeigt uns, dass wir neuen Züchtungsmethoden gegenüber aufgeschlossen sein müssen, um beispielsweise hitzeund trockenheitsresistentere Sorten anbauen zu können“, sagte Rukwied. Gemeint ist die sogenannte „Genschere“Crispr/Cas9, die ermöglicht, Erbgut von Pflanzen präziser, schneller und günstiger zu verändern. Am Mittwoch soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber urteilen, inwieweit bestimmte Anwendungen dieser Methode unter die strengen Auflagen des europäischen Gentechnikrechts fallen.
Auf Berichte über Höfe, die Rinder wegen Futtermangels vorzeitig schlachten, reagierte der Verband der Fleischwirtschaft zurückhaltend. Dies könne bei Rindern vorkommen, deren wesentliche Futtergrundlage aus Raufutter wie Stroh oder Heu bestehe. „Bei Kühen scheint dies seit einigen Wochen der Fall zu sein. Die wöchentlichen Schlachtzahlen für Kühe liegen seit Juni über den Vergleichswerten des Vorjahres“, hieß es vom Verband. Wegen der Trockenheit wuchs vor allem im Norden und Osten weniger Grünfutter für Rindvieh.