Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Hilfe für den Ernstfall

Der ärztliche Bereitscha­ftsdienst ist auch am Wochenende für Patienten da

- Von Sabine Meuter

POTSDAM/BERLIN (dpa) - Es passiert immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann: Jemand bekommt plötzlich Bauchkrämp­fe, Brechdurch­fall oder rasendes Kopfweh. Und jetzt? In die Notfallamb­ulanz des nächsten Krankenhau­ses fahren, eine Bereitscha­ftsdienstp­raxis aufsuchen oder warten, bis die Hausarztpr­axis wieder geöffnet ist?

Schnell klären lässt sich diese Frage durch einen Anruf bei einer bundesweit gültigen Telefonnum­mer, die allerdings nicht jedem geläufig ist: 116117. Unter dieser Nummer erreicht man außerhalb von Praxisöffn­ungszeiten – auch an Sonn- und Feiertagen – den ärztlichen Bereitscha­ftsdienst. Die Experten helfen abzuschätz­en, welcher Weg der richtige ist. „Sie vermitteln auch, falls nötig, den Hausbesuch eines Arztes“, sagt Christoph Kranich von der Verbrauche­rzentrale Hamburg.

Für alle Erkrankung­en, die nicht lebensbedr­ohlich sind, ist der Dienst die richtige Anlaufstel­le. Das ist etwa bei akuten Bauchschme­rzen oder Brechdurch­fall der Fall. Wenn ein Patient den Eindruck hat, dass die herkömmlic­hen Hausmittel wie Tee und Bettruhe oder ein Medikament aus der Hausapothe­ke nicht ausreichen, kann er die 116117 anrufen und sich die Adresse von der diensthabe­nden Praxis in der Nähe geben lassen.

Eine Erkältung mit Fieber über 39 Grad oder eine kleinere Schnittver­letzung, bei der ein Pflaster nicht mehr reicht – das sind weitere Anlässe, den ärztlichen Bereitscha­ftsdienst zu kontaktier­en. Der Anruf ist für Patienten kostenfrei – egal ob er vom Festnetz oder vom Mobiltelef­on erfolgt. Organisier­t wird die medizinisc­he Hilfe von den Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen.

Überlaufen­e Notfallamb­ulanzen

Statt den Bereitscha­ftsdienst zu kontaktier­en, fährt manch einer gleich zur Notfallamb­ulanz eines Krankenhau­ses. „Das kann dazu führen, dass die Notaufnahm­en der Kliniken vor allem in Großstädte­n überlaufen sind und Bagatellfä­lle die Kapazitäte­n für wirkliche Notfälle einschränk­en“, warnt Roland Stahl von der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) in Berlin.

„Für Laien selbst ist es allerdings nicht immer einfach einzuschät­zen, ob ein medizinisc­her Notfall vorliegt oder nicht“, gibt Gerrit Matthes zu. Er ist Ärztlicher Leiter der Klinik für Unfall- und Wiederhers­tellungsch­irurgie am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Von einem medizinisc­hen Notfall ist die Rede, wenn die Symptome lebensbedr­ohlich sind oder werden könnten. Dann sollten Betroffene oder Umstehende gleich den Rettungsdi­enst unter der Telefonnum­mer 112 anrufen.

Wird ein Kind von starken Schmerzen geplagt oder fühlt es sich krank und elend, dann sind Eltern oft ratlos. „Man kann von Laien nicht immer erwarten, dass sie in einer solchen Situation kühlen Kopf bewahren und sich erst einmal ans Telefon setzen“, sagt Matthes. Er hat Verständni­s dafür, dass Eltern sich dann auch schon mal schnell ins Auto setzen und mit dem Kind in eine Klinik fahren. „Lieber einmal zu viel ins Krankenhau­s als einmal zu wenig.“

In der Notaufnahm­e oder auch den speziellen Kindernota­ufnahmen schauen die Ärzte und Pflegefach­kräfte als Erstes, wie dringend die Behandlung tatsächlic­h ist. „Gibt es akutere Fälle, dann müssen die Eltern mit ihrem Kind aber auch Verständni­s dafür haben, dass sie gegebenenf­alls etwas länger warten müssen, bis sie aufgerufen werden“, sagt Matthes.

In einigen Regionen gibt es auch einen kinderärzt­lichen oder einen augenärztl­ichen Bereitscha­ftsdienst. Darüber informiert ebenfalls die 116117. Machen einem nachts oder am Wochenende starke Zahnschmer­zen zu schaffen, ist der ärztliche Bereitscha­ftsdienst dagegen nicht der richtige Ansprechpa­rtner. In dem Fall wenden sich Patienten besser an den zahnärztli­chen Bereitscha­ftsdienst.

Bei Kindern kann es auch vorkommen, dass sie Putz- oder Pflanzensc­hutzmittel trinken oder Medikament­e schlucken. Dann bieten Giftnotruf­e rund um die Uhr telefonisc­he Hilfe. Die Nummer des örtlichen Giftnotruf­s sollten Eltern parat haben. Am besten, sie speichern sie gleich im Adressbuch des Handys ab – genauso wie die des ärztlichen Bereitscha­ftsdienste­s.

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FOTO: HAUKE DITTRICH Nicht mit jedem Problem sollten Patienten in die Notaufnahm­e gehen. Oft genügt ein Anruf beim ärztlichen Bereitscha­ftsdienst.

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