Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Sozialstation besucht den Kräuterpater
Gerhard Seidler zeigt auf dem Brunnenhof seine Blütenpracht
ALTSHAUSEN/EBENWEILER (bz) Mitarbeiter von Sozialstationen kennen keine ganztägigen Betriebsausflüge. Ihre Patienten müssen in der Regel zwei Mal täglich – vormittags und in den frühen Abendstunden – versorgt werden. Für kollegiale Kontaktpflege im Team der Altshauser Sozialstation St. Josef bleiben dazwischen maximal vier Stunden für ein gemeinsames Mittagessen und einen Ausflug. Dieser führte dieses Jahr zum Kräuterpater.
In der bunten Blütenpracht des Brunnenhofs lud Pater Gerhard Seidler seine Gäste zu einem Streifzug durch Gottes grüne Apotheke ein. Mittelalterlicher Tradition folgend, hat Pater Gerhard auf den Spuren Benedikts von Nursia, Abt Wilafried Strabos von der Reichenau, Hildegards von Bingen oder Paracelsus‘ in Jahren intensiven Studiums umfassendes Wissen über die oft erstaunliche Wirkung von Heilkräutern erworben.
Scheinbar wahllos pflückte Pater Seidler links ein Blatt, rechts eine Blüte oder ein unscheinbares Pflänzchen und schildert – gewürzt mit Humor und Wortwitz – die segensreiche Kraft: Zum Beispiel die Kapuzinerkresse als mildes Antibiotikum oder auch gegen Fußpilz, die Fetthenne bei Hautirritationen aller Art, die Königskerze, die schleimlösend wirkt, die Weberkarde gegen Borreliose oder das Johanniskraut, das Depressionen lindert, mit Öl aufbereitet Brandwunden heilt und in den Wechseljahren bei Frauen stimulierend, bei Männern jedoch dämpfend wirkt.
Auch die enthaltsames Klosterleben erleichternde Eigenschaft des Mönchspfeffers sorgt bei solchen Vorträgen stets für die Aufmerksamkeit und steigende Heiterkeit der Zuhörer. Jahrhundertelang waren unsere Vorfahren auf solche Kenntnisse angewiesen und bis heute geben isoliert lebende Eingeborenenstämme in Südamerika – inzwischen häufig von moderner Forschung beobachtet – dieses Wissen untereinander weiter.
Beim anschließenden gemütlichen Hock bei Kaffee und Kuchen blickte Anette Oelhaf auf ein arbeitsreiches, von vielen positiven und auch weniger hilfreichen Änderungen geprägtes Arbeitsjahr zurück. „Gesetzliche Neuerungen bringen uns leider immer wieder in Zwiespalt zwischen menschlicher Zuwendung für unsere Patienten und dem Leistungsdruck enger Zeitvorgaben.“Auch im Namen ihrer beiden Kolleginnen in der Stationsleitung dankte sie ihren derzeit 59 Mitarbeitern für ihre verantwortungsbewusste, in einem harmonischen, von sehr wenig Personalwechsel geprägten Team, geleistete Arbeit.