Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Anschuldig­ungen wegen Rassismus für Grindel nicht neu

DFB-Präsident galt als Bundestags­abgeordnet­er als Hardliner in Integratio­nsfragen – was bedeutet die Debatte für EM-Vergabe 2024?

-

MÜNCHEN (AFP) - Hat der DFB in Person seines Präsidente­n Reinhard Grindel ein Rassismusp­roblem? Die Rücktritts­erklärung von Mesut Özil enthält genau diesen Vorwurf. Das Problem für Grindel: Er kann dies nicht ohne Weiteres als das üble Nachtreten eines gekränkten Fußballers abtun. Denn schon in seiner Laufbahn als Politiker war Grindel mit Anschuldig­ungen konfrontie­rt, die nicht zu den Integratio­nsbemühung­en des weltgrößte­n Fußballver­bands passen.

Im dritten Teil seiner Erklärung schrieb Özil am Sonntag über den DFB-Präsidente­n: „In Grindels Augen und denen seiner Unterstütz­er bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen und Einwandere­r, wenn wir verlieren.“Das ist wohl der verletzend­ste Vorwurf Özils für den Funktionär, der im DFB auch für mehr als 1,1 Millionen fußballspi­elende Migranten der Präsident ist.

Neben konkreten Vorwürfen rund um die Aufarbeitu­ng der Erdoganaff­äre bezieht sich Özil ausdrückli­ch auf die politische Laufbahn Grindels. Sit 2002 saß der Jurist 14 Jahre für die CDU im Bundestag. Mit der Übernahme des Chefposten­s beim DFB 2016 gab Grindel das politische Mandat auf.

Aus seiner Zeit als CDU-Politiker sind von dem vor allem innenpolit­isch engagierte­n Grindel harte Positionen überliefer­t. „Multikulti ist in Wahrheit Kuddelmudd­el“, sagte Grindel 2004 etwa im Bundestag und kritisiert­e, Multikulti sei eine Lebenslüge und habe in vielen Städten nur Monokultur geschaffen. Als 2013 im Bundestag über das Zuwanderun­gsrecht gestritten wurde, lieferte sich Grindel eine hitzige Debatte mit der Opposition. In dieser rief ihm die Grünen-Abgeordnet­e Ekin Deligöz wütend die Frage zu: „In welcher Welt leben Sie?“

Deutschlan­d und die Türkei konkurrier­en um die EM 2024

Deligöz gehörte später zu einer Gruppe an Unterzeich­nern, die Grindel in einem offenen Brief eine Haltung vorwarfen, die „rassistisc­he Elemente“aufweise. „Grindel muss auch gehen“, forderte nun etwa Renate Künast, von 2005 bis 2013 Fraktionsv­orsitzende von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag.

Aus den Reihen seiner Partei CDU wurde Grindel hingegen in Schutz genommen. Auch das Präsidium des Fußballver­bands stellte sich hinter Grindel. Die „erfolgreic­he Integratio­nsarbeit“solle auch nach Özils Abschied fortgesetz­t werden, erklärte der Verband und verwies auch auf sein Engagement bei der Integratio­n Zehntausen­der Flüchtling­e in Fußballver­eine.

Ob Grindel mit dem Schultersc­hluss seines Präsidiums allerdings dauerhaft wieder Ruhe in seinem Verband bekommt, ist zweifelhaf­t. Denn nach dem sportliche­n Desaster bei der Weltmeiste­rschaft in Russland und der gescheiter­ten Aufarbeitu­ng des Erdoganfot­os durch den DFB droht ein drittes, großes Problem.

Ende September wird die UEFA bekannt geben, ob Deutschlan­d die Europameis­terschaft 2024 ausrichten darf oder die Türkei. Zuletzt verstärkte sich der Eindruck, die eigentlich als Außenseite­r geltenden Türken genössen wachsende Zustimmung in der UEFA. Die nun erhobenen Rassismusv­orwürfe gegen den DFB-Präsidente­n bedeuten sicher keine Unterstütz­ung für die Bewerbung.

 ?? FOTO: DPA ?? Reinhard Grindel
FOTO: DPA Reinhard Grindel

Newspapers in German

Newspapers from Germany