Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ameisenmann trifft Wespenfrau
Mit „Ant-Man & the Wasp“inszeniert Peyton Reed eine Art Superhelden-B-Movie
Der Ameisenmann, „AntMan“, ist ein weiterer Held des immer undurchschaubareren Marvel-Superhelden-Universums: Paul Rudd spielt den ehemaligen Dieb Scott Lang, der mithilfe eines Spezialanzugs seine Größe verändern kann.
Zunächst hat er aber mit Alltagsdingen zu kämpfen: Unter polizeilichen Hausarrest gestellt, kann er sich um seine zehnjährige Tochter kümmern. Hier erweist sich „AntMan“als der alltäglichste Held des Marcel-Teams – zugleich ist dieser Film auffallend genderkorrekt durchkomponiert, denn so wie der Ameisenmann erstmal den modernen Vater als Super-Daddy geben muss, geht es dann weiter: „AntMan“verbündet sich diesmal mit Hope van Dyne (Evangeline Lilly), die als Superheldin „The Wasp“heißt. Sie ist die Tochter des Wissenschaftlers Pym (Michael Douglas) und Janet van Dyne (Michelle Pfeiffer). Es geht hier vor allem darum, Janet zu retten, die seit 30 Jahren im Ameisenformat gefangen ist. Ihre Tochter Hope soll nun im Zusammenspiel der beiden Titelhelden schön gleichberechtigt sein, deswegen rettet sie den Ameisenmann ein paarmal aus kniffeligen Situationen.
Nichts dagegen zu sagen, außer dass diese Momente immer eine Spur zu dick aufgetragen sind – so als müsse der Film für einen ästhetisch blinden Tugendausschuss überdeutlich klar machen, dass Frauen überall hinkommen und alles dürfen, und im Zweifel immer noch etwas besser sind, als die Jungs.
Auch in technischer Hinsicht gibt „Ant-Man & the Wasp“einen Vorgeschmack auf eine Zukunft des Kinos, die man vielleicht gar nicht erleben möchte. Denn der Film ist in seinen Effekten spektakulär, vor allem wegen seines Spiels mit Raum- und Größenverhältnissen. Immer wieder führen atemberaubende Verkleinerungsaktionen die Hauptfiguren in den Nano-Space. Alles ist möglich – bevor man hier jubelt, sollte man sich aber klar machen, dass hier auch die Täuschungs- und Manipulationsmöglichkeiten des Kinos auf die Spitze getrieben werden. Man kann den Bildern nicht mehr trauen. Dazu gehört auch, dass Michael Douglas in diesem Film zwischenzeitlich ein computertechnologisches Facelifting verpasst bekommt, um jünger zu wirken, denn ein Teil des Films spielt 30 Jahre früher. Auch das ist ein charmanter Einfall, lässt uns aber eine Zukunft ahnen, in der Douglas dann zusammen mit Greta Garbo die Hauptrolle spielt und John F. Kennedy in einem Gastauftritt begegnet. Will man das wirklich? Nein.
Charmantes, aber seichtes Kino
Der von Peyton Reed inszenierte Film ist ein typisches Produkt der heutigen Disney-Studios: sehr aufgeräumt, sehr amerikanisch-puritanisch, sehr pädagogisch-wertvoll. Über diese blitzsaubere Alltäglichkeit gerät in Vergessenheit, dass Kino ja auch etwas mit Exzess und Überschuss und ganz unalltäglichem Abenteuer zu tun hat.
Immerhin macht „Ant-Man & the Wasp“durch seinen Charme vergessen, wie seicht er ist. Man kann dem Film nicht böse sein, aber weiterempfehlen kann man ihn auch nicht: Nettes Superheldenkino, das nicht schlecht funktioniert, aber weder die Rasanz, noch die Tiefe und den Handlungsernst anderer Marcel-Filme hat. Will er wohl auch gar nicht. Schade um den ganzen Aufwand.
„Ant-Man & the Wasp“, Regie: Peyton Reed, USA 2018, 118 Minuten. Mit: Evangeline Lilly, Paul Rudd, Michelle Peiffer, Michael Douglas.