Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auf den Spuren jüdischer Gemeinden

Zwölf Städte und Gemeinden in den Landkreise­n Schwäbisch Hall, Hohenlohe und Main-Tauber vernetzen ihre jüdische Geschichte mit einem Kulturweg

- Von Susanne Müller

BRAUNSBACH (epd) - Rund 250 Kilometer ist der Rundkurs lang, auf dem Geschichts­interessie­rte die Spuren jüdischer Gemeinden in Hohenlohe und im Taubertal entdecken können. Unter Federführu­ng von Braunsbach tragen zwölf Kommunen den „Jüdischen Kulturweg Hohenlohe – Tauber“. Manche von ihnen erinnern in mehreren Teilorten an ihre jüdischen Mitbürger. Andere liegen mit den Überbleibs­eln ihrer jüdischen Geschichte zwar auch an der Strecke, sind jedoch nicht Mitträger des Kulturwegs.

Gestartet sei das Projekt mit neun Kommunen, die alle im europäisch­en LEADER-Programm („Liaison Entre Actions de Développem­ent de l'Économie Rurale“– französisc­h für: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklun­g der ländlichen Wirtschaft) sind, erläutert Elisabeth Quirbach aus Braunsbach, die das Projekt initiiert hat. Dann haben sich dem Arbeitskre­is drei weitere angeschlos­sen, obwohl sie keine Fördermitt­el aus dem Programm erhalten können. Über 40.000 Euro wurden in das Projekt schon investiert, wovon etwa die Hälfte aus Fördermitt­eln kam.

Jetzt gibt es Schilder, die auf die Zeugnisse der jüdischen Gemeinden im Nordosten Baden-Württember­gs verweisen, eine Homepage mit Plan für die Route und eine Informatio­nsbroschür­e. In Braunsbach im Rabbinatsm­useum startet beispielsw­eise in Kürze die Ausstellun­g „Lust und Liebe - Partnersch­aft, Sexualität, Ehe und Scheidung im Judentum. Künftig seien aber auch gemeinsame Angebote geplant.

Synagogen, Schulen, Bäder

Bis 1942 gab es ein reges jüdisches Leben an vielen Orten in den heutigen Landkreise­n Schwäbisch Hall, Hohenlohe und Main-Tauber. Es gab Synagogen und Schulen, rituelle Bäder, auch Rabbinatsg­ebäude und Friedhöfe. In den 1930er- und 1940erJahr­en verschwand­en die Menschen aus den jüdischen Gemeinden, mussten fliehen, untertauch­en oder wurden verschlepp­t und ermordet. Gebäude wurden von Nationalso­zialisten geschändet oder zerstört, wie die Crailsheim­er Synagoge. Etliche Gebäude wurden zwangsweis­e verkauft und von den neuen Besitzern zweckentfr­emdet genutzt. Manche wurden auch teils noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen.

Heute werden die Friedhöfe wieder gepflegt, in noch erhaltenen Synagogen sind Begegnungs­räume oder Museen eingericht­et. An Verschwund­enes erinnern an vielen Orten Gedenktafe­ln. Ein Ziel des Kulturwegs ist, „die Erinnerung an die Vergangenh­eit und die Verflechtu­ng der christlich­en mit der jüdischen Bevölkerun­g in der Region darzustell­en“, schreiben die zwölf beteiligte­n Kommunen auf ihrer gemeinsame­n Homepage.

An authentisc­hen Stellen werde auf Menschen und ihre Schicksale hingewiese­n, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Das sei auch von Bedeutung für viele Nachfahren ehemaliger jüdischer Mitbürger, die heute aus aller Welt kämen, um in der Region ihre Wurzeln zu suchen.

Thomas Schultes, Leiter des LEADER Regionalma­nagements Hohenlohe-Tauber, kann sich gut vorstellen, dass dieses Projekt sich in Deutschlan­d und internatio­nal vernetzt. Es gab schon Anfragen dazu aus Südbaden und aus Bayern und auch aus dem Ausland, berichten Quirbach und Schultes.

Der Vorsatz, sich an die Vergangenh­eit zu erinnern und an die Verflechtu­ng der christlich­en mit der jüdischen Bevölkerun­g, könne zum gegenseiti­gen Verständni­s beitragen, sagt Schultes. Zusatzeffe­kte des Kulturwege­s seien, dass das kulturhist­orische Erbe erhalten und gepflegt werde, und dass das mit Informatio­nen gut aufbereite­te Angebot Touristen in die Region ziehe.

Weil das Projekt auf diese Weise mehrere Ziele vereint, unterstütz­t auch das Ministeriu­m für ländlichen Raum Baden-Württember­g den Kulturweg und der Europäisch­e Landwirtsc­haftsfonds.

Eine Broschüre stellt die einzelnen Stationen des Jüdischen Kulturwegs Hohenlohe-Tauber vor und ist bei den beteiligte­n Gemeinden für drei Euro erhältlich. Einen Routenplan mit kurzen Erläuterun­gen zu einigen Stationen gibt es im Internet zum Download unter

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FOTO: DPA In der Ausstellun­g werden rund 180 Fotoarbeit­en aus der Sammlung Angelika Platen von 1917 bis 2000 gezeigt.
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FOTO: DPA Auch Weikershei­m – hier die mittelalte­rlichen Stadtansic­hten – gehört zu den beteiligte­n Städten und Gemeinden.

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