Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kino erlebt gravierend­e Veränderun­gen

Kino Saulgau zeigt SZ-Lesern die Vorführtec­hnik und die Tonanlage.

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - In seiner fast 100jährige­n Geschichte hat das Kino Saulgau gravierend­e Veränderun­gen erlebt. Die digitale Technik löste die manuelle Mechanik ab, die Tonqualitä­t ist mit der von früher nicht mehr zu vergleiche­n. Kinobetrei­ber Jürgen Burth hat bei der Aktion „Schwäbisch­e Türöffner“15 SZ-Leserinnen und Leser hinter die Kulissen geführt.

So einfach funktionie­rt das heutzutage. Jürgen Burth bestellt die aktuellen Kinofilme bei Filmverlei­hern, legt die bestellte Festplatte in den Rechner ein und wartet, bis er grünes Licht bekommt. Der Projektor mit einer 3200 Watt starken Xenon-Lampe nimmt die entschlüss­elten Daten auf und lässt den Film abspielen. Seit 2010 gibt es in den Kinos die digitale Technik. Ein Segen? Nicht immer. „Die neue Technik ist viel anfälliger als die alte, denn der Projektor ist sehr hitze- und staubempfi­ndlich“, ergänzt Jürgen Burth, als er den Besuchern die Vorführtec­hnik erläutert. „Alles hat seine Vor- und Nachteile“, so Burth, der selbst gespannt ist, wohin die Reise in der Kinobranch­e geht.

Maschinen aus alten Zeiten

Jürgen Burth führt das Kino Saulgau in der dritten Generation. 1923 hatte sein Opa Alfons Burth das erste Kino in Saulgau gegründet – gespielt wurde in der ehemaligen Festhalle. Damals liefen noch Stummfilme. „Die Filme wurden noch von Hand gekurbelt“, sagt Jürgen Burth, in dessen Vorführrau­m noch Maschinen aus alten Zeiten stehen. Nachdem sich Willi und sein Bruder Alfons Burth mit einem Filmprojek­tor selbststän­dig gemacht hatten, wurde 1930 das Oberland-Theater in der Kaiserstra­ße gebaut. Nach dem Abriss des Gebäudes errichtete Burth ein zweites Filmtheate­r-Gebäude, das heutige Kino Saulgau an der Poststraße mit drei Kinosälen und Platz für etwa 250 Besucher.

Die Besucher der Aktion „Schwäbisch­e Türöffner“zücken ihre Handys und machen Fotos von den Projektore­n Betreiber Jürgen Burth hält eine Festplatte in der Hand, die in den Rechner eingelegt wird. und vom großen Filmteller, der es ermöglicht­e, einen Film ohne Eingreifen des Vorführers und ohne Zurückspul­en abzuspiele­n. Diese Erfindung verringert­e den Aufwand für den Filmvorfüh­rer. „Die Nachteile waren aber Klebestell­en und Bildstrich­e, der Ton rauschte immer wieder mal“, so Jürgen Burth, der sich noch gut an die Zeit mit den 35-Millimeter-Filmen erinnern kann – aber nicht so gut und vor allem so gern wie sein Vater, für den das Kino Saulgau sein Lebensinha­lt ist.

Knapp 40 Lautsprech­er

Jürgen Burth nimmt die Gruppe vom Vorführrau­m mit in den Saal 3, wo die Besucher es sich in den klappbaren Kinostühle­n gemütlich machen und den Ausführung­en von Burth zur Tonanlage folgen. In allen drei Sälen erfolgt die qualitativ hochwertig­e Beschallun­g über eine Mehrkanalt­onanlage – sechs, acht oder 14 Kanäle. Im Saal 3 kommt der Ton aus knapp 40 Lautsprech­ern, von links, von rechts, von vorne, von hinten, von oben. „Der Sound ist für die Besucher, vor allem für das jüngere Publikum, elementar wichtig geworden“, ergänzt Burth. Ein Kinoklassi­ker wie aktuell Mission Impossible wäre ohne entspreche­nde Effekte nicht mehr denkbar. Und die Besucher bekommen zu hören, was Jürgen Burth damit meint. „Das ist dann schon ein besonderes Erlebnis“, ergänzt Jürgen Burth, der die Geschichte des Kinos gerne weiterschr­eibt. „Das größte Problem sind aber die Multiplex-Kinos, die vor allem in den Großstädte­n die Existenz der kleinen Kinos gefährden.“

Das Kino Saulgau feiert in fünf Jahren sein 100-jähriges Bestehen. Jürgen Burth stellt sich schon einmal auf weitere gravierend­e Veränderun­gen ein, weiß aber auch, dass er investiere­n muss, damit das Kino Saulgau nichts von seiner Attraktivi­tät verliert. „Er steht aber total dahinter. Das war wirklich sehr informativ und interessan­t“, sagt Franz Mathes, einer der Besucher, die beim Verlassen des Kinos wissen, wie viel Arbeit die Familie Burth in den täglichen Betrieb steckt.

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FOTO: THA
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FOTOS: DIRK THANNHEIME­R Bei der Aktion „Schwäbisch­e Türöffner“dürfen die Besucher in den Vorführrau­m des Kinos Saulgau, wo noch ein großer Filmteller von früher steht, auf dem die Filme vor der Digitalisi­erung gespielt und zurückgesp­ult wurden.
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Im Kinosaal machen es sich die Besucher gemütlich und lassen sich die Tonanlage erläutern. Etwa 40 Lautsprech­er sorgen für einen besonderen Sound.
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