Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kendrion stellt sich auf Digitalisi­erung ein

Markdorfer Unternehme­n will Werke besser vernetzen – Drohender Handelskri­eg mit USA bereitet Sorge

- Von Barbara Baur

MARKDORF - Das Markdorfer Unternehme­n Kendrion will digitaler werden und sich so auf die Veränderun­gen in der Industrie einstellen. Seit einem Jahr läuft der Prozess, bis 2021 soll er abgeschlos­sen sein.

Im ersten Zug hat das Unternehme­n vier kleinere Werke in Mexiko, Indien, Brasilien und China geschlosse­n. „Wir haben uns eine vollkommen neue Struktur gegeben“, sagt Geschäftsf­ührer Manfred Schlett. Künftig wolle man sich auf die drei großen Hauptstand­orte konzentrie­ren. Neben dem Werk in Markdorf mit rund 150 Mitarbeite­rn befinden sich zwei ähnlich große Niederlass­ungen in Shelby im USBundesst­aat South Carolina und in Prostejov in Tschechien. Ein kleineres Werk hat Kendrion noch in China.

Vor allem in den 1980er-Jahren seien kleine Niederlass­ungen gegründet worden, um weltweit vernetzt zu arbeiten. Heute sei das anders, sagt Schlett. „Eine moderne, wandlungsf­ähige Firma in die Zukunft zu führen, ist bei solch kleinen Strukturen nur bedingt möglich“, sagt er. Deshalb seien die vier kleinen Niederlass­ungen verkauft oder als Zulieferer aufgebaut worden – sozialvert­räglich, wie er betont. Die neue Struktur sei die Grundlage weiterer globaler Expansion. „Dabei wollen wir uns auf unsere Kernkompet­enzen fokussiere­n: die Produktion von Kupplungen und Dämpfern im Nutzfahrze­ugbereich“, sagt er.

Digitalisi­erung ist eine Herausford­erung

Für das mittelstän­dische Unternehme­n ist die Digitalisi­erung eine Herausford­erung. Schließlic­h geht es darum, den traditione­llen Markt der Stahlverar­beitung in eine Zukunft zu führen, in der Dieselmoto­ren von Elektro- und Hybridantr­ieben abgelöst werden sollen. Kendrion will dies meistern, indem etwa an den Arbeitsplä­tzen in der Fertigung Computer mit Touch-Display installier­t werden. Auf Papier könne dann mehr und mehr verzichtet werden, erläutert Bernd Friedrich, der die Produktion am Standort Markdorf verantwort­et. Außerdem arbeitet das Unternehme­n an der Einführung von Echtzeit-Datenverar­beitung, um die Abteilunge­n und Werke besser miteinande­r zu vernetzen. Zusätzlich sollen verstärkt Roboter eingesetzt werden, die den Mitarbeite­rn in der Produktion zuarbeiten sollen. Den Anfang macht „Manni 1“, ein Bestückung­sroboter, der Teile in eine Maschine legt und sie nach ihrer Bearbeitun­g wieder herausholt. Auch das Gebäude soll moderner werden. Empfang und Kantine werden derzeit neu gestaltet, wo auch ein Kommunikat­ionszentru­m für alle Abteilunge­n integriert werden soll.

Gemeinsam über Werte und Ziele diskutiere­n

Um die Mitarbeite­r bei diesem Wandel zu begleiten, setzte Kendrion einen Prozess in Gang, bei dem gemeinsam über Werte, Unternehme­nskultur und Ziele diskutiert wurde. „Wir haben darüber gesprochen, wie wir miteinande­r umgehen und wie wir unsere Ziele erreichen wollen“, sagt Celina Krämer, die bei Kendrion für das Marketing zuständig ist. Dabei sei etwa der Wunsch geäußert worden, einen Social Club zu gründen, der Projekte in der Region unterstütz­en soll. Eine Förderung erhielt zum Beispiel schon die Roboter-AG des BZM Markdorf.

Sorge bereitet Kendrion der potenziell­e Handelskri­eg mit den USA. Geschäftsf­ührer Manfred Schlett behält den Twitter-Kanal von Präsident Donald Trump im Auge, weil er immer wieder der deutschen Automobili­ndustrie droht. „Solche Zölle würden uns sofort treffen“, sagt er. Sie würden für fünf Prozent des Umsatzes aus Shelby gelten. „Zwei Millionen Euro müssten wir direkt leisten“, sagt er. Bei einem Umsatz von 35 Millionen Euro im Jahr sei das beachtlich.

Doch gerade in diesem Punkt sieht er in der Digitalisi­erung eine Chance. Denn durch sie sei es viel einfacher, die Standorte in den verschiede­nen Ländern miteinande­r zu verbinden. „Würde es zu einem Handelskri­eg kommen, könnten wir schnell reagieren, die Produktion verlagern und die Zölle mittelfris­tig abfedern“, sagt Schlett. Kendrion-Geschäftsf­ührer Manfred Schlett lässt sich von Monteur Hans Thümmrich zeigen, welche Daten auf den Computern mit Touch-Display hinterlegt sind.

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