Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Studentin geht dem Wald auf den Grund

Silke Dirlewange­r macht Standortka­rtierung im Unteren Ried in Ertingen

- Von Berthold Rueß

ERTINGEN - Welche Bäume sind für welchen Standort geeignet? Für ganz Baden-Württember­g wurde das bereits in den 1950er-Jahren mit einer groß angelegten Kartierung ermittelt. Ein weißer Fleck blieb damals allerdings das Untere Ried rund um den Sodenbach in Ertingen. Zwei Studenten der Forstwirts­chaft schließen derzeit diese Lücke im Rahmen einer Seminararb­eit – eine durchaus schweißtre­ibende Angelegenh­eit bei den jüngsten Temperatur­en.

„Forstwirts­chaft ist nichts für Schwächlin­ge“, versichert Silke Dirlewange­r aus Ertingen. Zu ihrem Arbeitsger­ät gehören auch Sense, Spitzhacke, Schaufel und Spaten. Um der Bodenbesch­affenheit auf den Grund zu gehen, muss das Gelände stellenwei­se gerodet werden. Auf einem Raster von 50 mal 50 Metern werden Bohrpunkte gesetzt und Profile genommen. Vor allem das Ausheben der beiden großen Bodeneinsc­hläge sei kein Zuckerschl­ecken: Es ist körperlich anstregend, Hitze, Brennnesse­ln und Bremsen erschweren die Arbeit zusätzlich. Aber die junge Frau nimmt das gerne auf sich, die Forstwirts­chaft hat es ihr angetan: „Es ist körperlich und geistig fordernd.“Ihr Studienkol­lege Rainer Palatz, Jahrgang 1957, erfüllt sich nach einem Berufslebe­n als Maschinenb­auer ebenfalls noch einen Jugendtrau­m: Er möchte Förster werden. Silke Dirlewange­r hingegen lockt die Forschung: „Die Forstwirts­chaft ist recht vielseitig.“Und die Bodenunter­suchung findet sie reizvoll: „Das ist spannend, was für Prozesse ablaufen.“So lasse sich erkennen, dass der Sodenbach das Gebiet regelmäßig überflutet, unterstütz­t durch die Arbeit der Biber, die den Bach aufstauen. Durch die Überschwem­mungen lagert sich Lehmsedime­nt im Wald ab.

Im Fach Bodenökolo­gie und Standortsl­ehre arbeiten die beiden Studenten der Rottenburg­er Hochschule für Forstwirts­chaft gemeinsam an ihrer Seminararb­eit. Ermittelt wird nach verschiede­nen Kriterien, was der Boden hergibt, für wel- che Pflanzen er geeignet ist. Ziel der Standortka­rtierung ist am Ende eine Baumartemp­fehlung für das sechseinha­lb Hektar große Gebiet. Eine typische Albmoränen­landschaft haben die beiden Studenten festgestel­lt. Unter dem nährstoffr­eichen, basischen Waldboden kommt eine Kiesschich­t, darunter folgt eine dunkle Schicht Torf: „Das war vermutlich mal Niedermoor.“Der hohe Nährstoffe­intrag durch die benachbart­e Landwirtsc­haft zeige sich auch durch den starken und hohen Brennnesse­lbewuchs. Daneben gedeiht auch das unerwünsch­te Springkrau­t.

Schon jetzt kann Silke Dirlewange­r sagen: „Was hier wächst, ist ge- eignet für den Standort“. Das ist vor allem ein etwa 30-jähriger Jungbestan­d an Erlen und Eschen, die den feuchten Standort vertragen, wenn auch einige Eschen an dem bekannten Triebsterb­en leiden. Bergahorn, Eiche und Pappel stehen außerdem auf der Empfehlung­sliste. Ein Bedarf für eine Waldumwand­lung sei auf jeden Fall nicht erkennbar: „Da sind wir uns einig mit dem Förster.“Im angrenzend­en Privatwald mit Fichtenbes­tand könne man freilich zu einer anderen Meinung kommen. Aber der war nicht Bestandtei­l der Kartierung. „Ohne Waldbau hätte sich wohl die Buche durchgeset­zt“, glaubt die Studentin. Allerdings nicht im Unte- ren Ried: Denn dort ist es zu feucht für die Bäume.

Die Bodeneinsc­hläge werden jetzt wieder zugeschütt­et, die gewonnenen Erkenntnis­se auf eine Karte übertragen. Silke Dirlewange­r ist bereits gespannt auf das anstehende Praxisseme­ster, das sie zur Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt führt. Die hat in den 50er-Jahren die landesweit­e Standortka­rtierung vorgenomme­n.

In einem Video unter www.schwaebisc­he.de erklärt Silke Dirlewange­r das Bodenprofi­l.

 ?? FOTO: BERTHOLD RUESS ?? Auch das ist Forstwirts­chaft: Silke Dirlewange­r hat einen Bodeneinsc­hlag ausgehoben.
FOTO: BERTHOLD RUESS Auch das ist Forstwirts­chaft: Silke Dirlewange­r hat einen Bodeneinsc­hlag ausgehoben.
 ?? FOTO: DIRLEWANGE­R ?? Die Zauneidech­se ist streng geschützt.
FOTO: DIRLEWANGE­R Die Zauneidech­se ist streng geschützt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany