Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein unbequemer Mitarbeiter
Als Betriebsratschef im Krankenhaus machte sich Horst Arndt nicht nur Freunde
SIGMARINGEN - Es ist seine letzte Woche im SRH-Krankenhaus Sigmaringen: Der Betriebsratschef des größten Arbeitgebers im Kreis Sigmaringen, Horst Arndt, verabschiedet sich am morgigen Freitag in den Ruhestand. 29 Jahre lang hat er sich für die Belange der Klinik-Mitarbeiter eingesetzt, zunächst in Bad Saulgau, dann seit 1993 im Sigmaringer Betriebsrat und seit 2007 als dessen Vorsitzender und Aufsichtsratsmitglied. „Es ist nicht immer ein dankbarer Job“, sagt er, viele Mitarbeiter wüssten zu wenig über die Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrats und würden ihn nur wahrnehmen, wenn Ziele nach beispielsweise Tarifverhandlungen nicht erreicht würden. „Dadurch steht man enorm unter Druck.“Über Änderungen in der Krankenhauslandschaft hat Arndt mit der „Schwäbischen Zeitung“gesprochen.
Mit SRH ändern sich Konditionen
„Am meisten hat mich geärgert, dass wir 2005 nicht verhindern konnten, dass die Kreiskliniken aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten sind, was zur Wirkung hatte, dass die bisherigen Tarifverträge keine Gültigkeit mehr hatten“, so Arndt. Immerhin hätten er und nicht zuletzt streikende Mitarbeiter durchsetzen können, dass sich die Bezahlung der Mitarbeiter am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes orientierte und die wöchentliche Arbeitszeit nicht erhöht worden sei. „Das hätte auch anders ausgehen können“, so Arndt, der von zähen Verhandlungen berichtet. Abermals änderten sich die Konditionen für die Mitarbeiter, als die Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH) als privater Träger 2014 die Kreiskliniken kaufte – „zum Schlechteren, was den Lohn angeht“, auch, wenn Arndt betont, dass seither keiner weniger verdiene als vorher.
Dennoch differiere der Lohn zwischen dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes und dem Tarifvertrag mit SRH über die Jahre hinweg immer stärker. Als Erfolg wertet Arndt die Überleitungsverhandlungen 2016, bei denen die Anpassung alter Konditionen an den neuen Vertrag ausgehandelt wurden. Zum Streik kam es nicht, aber in einer „aktiven Mittagspause“proklamierten die Mitarbeiter „Wir alle sind das Krankenhaus“, um ihre Macht zu demonstrieren.
Arndt schätze den „starken Partner, den die Kliniken in SRH gefunden haben“, dennoch findet er, dass man die Kliniken nach dem Aufkauf des Spitalfonds Pfullendorf auch aus ihrer finanziellen Schieflage hätte holen können, indem man die Kreisumlage nicht zur Entlastung der Gemeinden gesenkt, sondern das Geld
„Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand unschuldig zu Schaden kommt oder benachteiligt wird“,
in die Häuser investiert hätte. Mit dem Aufkauf durch einen „fremden“Partner habe damals keiner der Mitarbeiter gerechnet.
Als ungünstig bewertet es Arndt, dass die SRH-Verwaltung in Heidelberg keinerlei Einblicke in alltägliche Abläufe habe. „Durch die Verwaltung werden Anweisungen vorgegeben, die in der Praxis schwer umgesetzt werden können.“
Dass die Kliniken den Gürtel enger schnallen und den Ertrag steigern müssten hingegen liege nicht an SRH, sondern beispielsweise am Pflegenotstand sowie am geplanten Bauvorhaben, für das Kredite fällig würden, die die Mitarbeiter durch ihre Arbeitsleistung bezahlten. „Aufstrebende junge Ärzte bleiben nur in Sigmaringen, solange sie ledig sind“, resümiert Horst Arndt.
Für deren Partner sei es schwer, hier im Raum unterzukommen. Erschwerend sagt Betriebsratschef Horst Arndt. hinzu komme, dass umliegende Häuser wie Riedlingen, Tuttlingen oder Friedrichshafen nach Tarif zahlen würden, was für Interessenten attraktiver sei.
Wie Arndt, der zunächst eine Elektrikerausbildung absolviert hat, anschließend sieben Jahre bei der Bundeswehr war und schließlich Krankenpfleger lernte, 1989 zum Betriebsrat kam? „Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand unschuldig zu Schaden kommt oder benachteiligt wird“, erklärt er seine Affinität zum Gremium. Für seine Funktion ist Arndt von der pflegerischen Tätigkeit freigestellt. Die Verbindung zum Krankenhaus wird trotz seines Ruhestands nicht abreißen: Arndts Frau arbeitet nämlich auch dort.
Und langweilig wird es dem Binger ohnehin nicht, dafür sorgen nicht nur seine Enkel. Seine zahlreichen Ehrenämter – im Kreistag, als Gemeinderat, im Deutschen Roten Kreuz, bei der Feuerwehr, der AOK als Bezirksvorsitzender oder als Pächter der Binger Sportgaststätte und Ehrenvorsitzender des SV Bingen – gibt er nämlich nicht auf.