Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

An die Stöcke, fertig, los

So einfach wie Nordic Walking aussieht, ist es gar nicht – Ein Selbstvers­uch

- Ein Video zum Versuch im Nordic Walking gibt es im Internet unter www.schwaebisc­he.de Von Julia Freyda

ALTSHAUSEN - Laufen kann ich, seitdem ich etwa 14 Monate alt bin, rund 36 Jahre später sollte das doch auch mit zusätzlich­en Stöcken nicht zu einem Problem werden. Nun ja, ein Training beim Nordic-Walking-Weltmeiste­r Michael Epp in Altshausen belehrt mich eines Besseren.

Das lockere Aufwärmtra­ining mit der Walking-Gruppe von MikaSports schaffe ich noch halbwegs souverän. Eine Sportart, mit der gemeinhin Rentner und Hausfrauen assoziiert werden, kann ja nicht so schwer sein. In Zeitlupe führt Epp uns Anfängern die Technik vor: Ist das rechte Bein vorne, geht der rechte Arm nach hinten und umgekehrt. Beim kräftigen Aufsetzen des Stockes seitlich vom Körper stößt man sich mit geschlosse­ner Hand ab, schwingt der Arm zurück, dann wird sie geöffnet. „Dann habt ihr einen runden Bewegungsa­blauf und trainiert die Armmuskula­tur richtig mit“, erklärt Epp. Der Oberkörper ist aufrecht, aber leicht nach vorne gebeugt. Der Blick richtet sich nach vorn – und nicht prüfend nach unten zu den Bewegungen von Bein und Stock. Da fangen die Probleme bei mir schon an. Anstatt eines runden Bewegungsa­blaufes gibt es bei mir ein Kuddelmudd­el, und ständig schaue ich nach unten und bin schnell frustriert.

Mit dem Trainer an der Seite geht es Runde für Runde über die Bahn. Spätestens als ein 82-Jähriger – der älteste Sportler in der Walkinggru­ppe – mich elegant überholt, gerät mein bisheriges Nordic-WalkingBil­d ins Wanken. Vorwärts komme ich zwar mittlerwei­le, aber nicht zur Zufriedenh­eit von Epp. „Hände bis hinter die Hüfte schwingen, ans Greifen denken, richtig abstoßen“, korrigiert der Weltmeiste­r. Er verrät aber auch: Die Koordinati­on unterschät­zen viele Anfänger, da so viele Details zu beachten sind. „Der Stock ist eben ein Sportgerät, und das muss man beherrsche­n. Da hilft nur Übung“, sagt der 47-Jährige. Wer den Bewegungsa­blauf nicht optimal macht, bekommt im schlimmste­n Fall Verspannun­gen. „Größere Schäden können eigentlich nicht passieren, aber ohne optimale Bewegung sinkt die Effizienz des Trainings“, sagt Epp. Dank des Stockeinsa­tzes beim Gehen werden Ober- und Unterkörpe­r beanspruch­t und fast alle 700 Muskeln in unserem Körper. Walking kann bei Rücken- und Schulterpr­oblemen helfen. „Aber viele machen es mittlerwei­le auch, um ihren Körper zu formen. Das ist nicht nur ein Sport für Alte und Kranke“, betont Epp. Nach dem fast zweistündi­gen Training ist auch mir bewusst, dass Nordic Walking zwar wie ein einfacher Spaziergan­g mit Stöcken aussieht, aber wer es richtig macht, der spürt schnell die noch untrainier­ten Muskelpart­ien und kommt ins Schwitzen. Also einfach mal über den eigenen Schatten springen und sich mutig den eigenen Vorurteile­n stellen.

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FOTO: LAURA KEISS Stöckeln ist auch Männersach­e: In der Walking-Gruppe von Mika-Sports sind nicht nur Frauen, die Fitness und Körper formen wollen.
 ?? FOTO: LAURA KEISS ?? Michael Epp (von links) zeigt in der kleinen Gruppe unter anderem SZRedakteu­rin Julia Freyda die Technik.
FOTO: LAURA KEISS Michael Epp (von links) zeigt in der kleinen Gruppe unter anderem SZRedakteu­rin Julia Freyda die Technik.
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