Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Wildschweine könnten Afrikanische Schweinepest übertragen
Wo im Landkreis Ravensburg die Eingeweide erlegter Tiere verwahrt werden
KREIS RAVENSBURG - Nahe der Bushaltestelle in Horgenzell-Danketsweiler steht neuerdings ein unauffälliger grünblauer Kasten, ähnlich einer Streusalzkiste. Wer den Container genauer untersucht, wundert sich über die Kühlung und die Zahlenschlösser vor den Riegeln. Bei der Kiste handelt es sich um eine der „Verwahrstellen“, in denen ab sofort die Eingeweide von Wildschweinen gesammelt werden. Das wiederum ist eine der Maßnahmen, die die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) verhindern sollen.
Wenn ein Jäger ein Wildschwein erlegt, lässt er die Eingeweide normalerweise im Wald zurück, erklärt Robert Gayer, Leiter des Veterinäramtes im Landratsamt. „Die werden dann von Füchsen entsorgt.“Jetzt jedoch sollen die Jäger solche Tierreste zu den Verwahrstellen bringen. In den gekühlten Containern finden sie eine Tonne für die Eingeweideteile, einen Mülleimer für Verpackungen, in denen sie die Teile transportiert haben, sowie Desinfektionsmittel und ein Buch, in dem sie eintragen können, wo sie das Tier erlegt haben.
„Wir haben zurzeit eine sehr große Wildschweinpopulation“, sagt Gayer. Sollte die Tierseuche ASP bis Deutschland vordringen, werden die Wildschweine zur Gefahr für Hausschweine. Sie können die Krankheit übertragen. Das kann zum einen bei direktem Kontakt geschehen. Oder aber indirekt, wenn WildschweinAusscheidungen an Schuhsohlen oder Autoreifen haften und so auf einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinehaltung gelangen.
Seuche breitet sich schnell aus
ASP ist eine Viruserkrankung. Eine Impfung dagegen gibt es nicht. Für Schweine, egal ob Wild- oder Hausschwein, verläuft die ASP fast immer tödlich. Für Menschen besteht nach Angaben des Veterinäramtes keine Gefahr. Seit einigen Jahren breitet sich die anzeigepflichtige Tierseuche in Osteuropa aus, mit zunehmendem Tempo. Der Schwerpunkt liegt derzeit in den baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen sowie im Osten Polens. In Polen sind in diesem Jahr bereits über 1700 Fälle gemeldet worden. Noch ist die ASP nicht in Deutschland angekommen. Veterinäramtsleiter Gayer hofft, dass das so bleibt.
Sollte doch ein Hausschwein erkranken, müssen alle Schweine des betroffenen Betriebs getötet werden, sagt Gayer. Er schätzt, dass es im Landkreis Ravensburg 400 bis 500 Schweinehalter gibt, darunter etwa 30 größere Betriebe. Das FriedrichLöffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, rät allen Schweinehaltern, ihr gesamtes Gelände gegen Wildschweine einzuzäunen. Hausschweine in Freilandhaltung sollen vor direktem Kontakt zu Wildschweinen geschützt werden. An Schweine sollten keine Speiseabfälle verfüttert werden. Salami oder Schinken aus Osteuropa könnten die Erreger der ASP enthalten. Sie bleiben darin ein halbes Jahr oder länger gefährlich. Das sollten auch Reisende und Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa bedenken. Das badenwürttembergische Landwirtschaftsministerium rät, keine Fleisch- und Wurstwaren und auch keine Jagdtrophäen aus dem Ausland mitzubringen. Und wer im Land unterwegs ist, sollte Reste seines Reiseproviants nie in der freien Natur liegenlassen. Sie könnten die heimischen Wildschweine mit ASP infizieren.
Jetzt wäre es wichtig, dass die Jäger die Zahl der Wildschweine reduzieren, sagt Gayer. Dann sinke auch die Gefahr, dass die Seuche sich im Land ausbreitet. Aber zurzeit sei die Bejagung schwierig: Die Tiere könnten sich zu gut im hohen Mais verstecken. Deshalb rechnet der Leiter des Veterinäramtes auch nicht damit, dass sich die Tonnen in den Verwahrstellen schnell füllen, wollte aber vorsorgen. Der Inhalt der Tonnen wird dann in der Tierkörperbeseitigungsanlage in Warthausen entsorgt.
Fünf Verwahrstellen hat das Veterinäramt im Landkreis Ravensburg eingerichtet: in Horgenzell-Danketsweiler, auf dem Bauhof in LeutkirchDiepoldshofen, auf dem Betriebshof in Isny, beim alten Schlachthaus Niederwangen und am Klärwerk Langwiese in Ravensburg. Eine sechste ist in Bad Waldsee geplant. Jede Verwahrstelle hat einen Betreuer vor Ort. Die Verwahrstelle in Horgenzell-Danketsweiler wird voraussichtlich noch an einen geeigneteren Standort verlegt. Um die Jagd auf Wildschweine für die Jäger attraktiver zu machen, verzichtet das Landratsamt derzeit auf die Gebühr für die vorgeschriebene Trichinenuntersuchung bei erlegtem Schwarzwild. Sie beträgt sechs Euro pro Tier.