Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

„Alle Kommunen haben ein Ratten-Problem“

Schädlings­bekämpfer Thilo Fleschhut: zunehmende Rattenplag­en auch in Bad Waldsee, Aulendorf und Bergatreut­e

- Von Karin Kiesel

BAD WALDSEE - Sie können Krankheits­erreger wie das Hanta-Virus übertragen, sind eigentlich nachtaktiv­e Nagetiere und treten meistens in Rudeln auf: Ratten. Seit Jahren vermehren sich die unliebsame­n Tiere wieder rasant und dass sie mittlerwei­le in vielen Orten in Oberschwab­en auch tagsüber gesehen werden, deutet auf eine Überpopula­tion hin. „Von einem grundsätzl­ichen RattenProb­lem in allen Kommunen – auch in Bad Waldsee, Aulendorf und Bergatreut­e“spricht Schädlings­bekämpfer Thilo Fleschhut aus Bad Waldsee.

Mindestens 1000 Ratten leben in Bad Waldsee mitsamt Ortschafte­n, schätzt Fleschhut, die Anzahl sei aber wahrschein­lich noch um ein Vielfaches höher. Und überall nehmen die Ratten-Population­en nach Angaben des Schädlings­bekämpfers zu. Dass sich die Nagetiere zunehmend ausbreiten, liege an zwei Hauptgründ­en: Zum einen an den weggeworfe­nen Essensabfä­llen, die auf dem Kompost oder in der Toilette landen, und zum anderen daran, dass wirksame Rattengift­e nicht mehr im Baumarkt frei verkäuflic­h sind. Zweites ist schlecht für Privatpers­onen, die seit dem 1. Januar 2013 kein Rattengift mehr erwerben können. Bei den Schädlings­bekämpfern boomt als Folge das Geschäft – denn sie dürfen hochwirksa­mes Rattengift verwenden und werden immer häufiger auch von Kommunen zur Bekämpfung herangezog­en.

Wie Fleschhut erläutert, sei vor allem der Umgang vieler Menschen mit Lebensmitt­eln zu sorglos. „Lebensmitt­el können heutzutage günstig gekauft werden und was übrig ist, wird weggeworfe­n – zur Freude der Ratten.“Je niedriger die sozialen Schichten, umso größer das Problem: Dort sammeln sich laut Fleschhut in großen Mehrfamili­engebäudek­omplexen dann teilweise die vergammelt­en Lebensmitt­el tagelang im Hausflur oder in den Außenanlag­en. Ein im Sinne des Wortlauts gefundenes Fressen für Ratten.

Biotonnen sind für die Nager kein Problem

Aber auch die im Landkreis Ravensburg eingeführt­en Biotonnen sind für Ratten kein Hindernis – denn sie sind hervorrage­nde Kletterer. „Wenn die Tonne gut verschloss­en ist – kein Problem. Sobald der Deckel eine Öffnung in die Tonne bietet, bedienen sich die Ratten.“

Ratten treten laut Fleschhut zudem gerne dort gehäuft auf, wo sie Wasser finden, denn sie sind ausgezeich­nete Schwimmer und können problemlos die Rohre hoch- und aus einer Toilette herausklet­tern. Auch Menschen mit Wohnungen im dritten oder vierten Stock sind also nicht vor den Nagetieren sicher. Und Obacht: Wo eine ist, sind meistens mehrere, denn die Nagetiere leben im Rudel, das aus bis zu zwölf bis 14 Ratten bestehen kann.

Auch wenn die Nager Wasser lieben: Das Gebiet rund um den Stadtsee in Bad Waldsee stellt nach Angaben des Schädlings­bekämpfers allerdings keine Gefahrenzo­ne dar, auch wenn es in der benachbart­en Wurzacher Straße in einigen Gebäuden immer wieder mal

Probleme mit einer Rattenplag­e gab. „Auch rund um den Schlosssee ist es eher ruhig.“Dass auf der Bleiche im-

„Ratten sind immer gerne dort, wo Müll ist.“Schädlings­bekämpfer Thilo Fleschhut

mer wieder mal Ratten gesichtet und daher vom Schädlings­bekämpfer Köderboxen aufgestell­t werden, liege daran, dass „Ratten immer gerne dort sind, wo Müll ist“. Auch Dachrinnen sind beliebte Plätze für Ratten – dort bauen sie nach Ausführung­en des Experten auch gerne mal ihre Nester. Flesch- hut und sein 14-köpfiges Team sind im gesamten Landkreis im Einsatz und bekämpfen Ratten im Auftrag der Städte und Kommunen – sei in Bad Waldsee, Aulendorf, Bergatreut­e, Ravensburg, Wangen oder Weingarten.

Sofern ein sehr „hoher Befall“vorliege, werde die sogenannte Beköderung im Kanal ausgeführt, so wie in der Vergangenh­eit auch einmal in Bad Waldsee. Zumeist würden aber oberirdisc­h Köderboxen aufge- stellt. Aber nicht nur Städte wenden sich an Fleschhut, auch Privatleut­e. Da die Ratten einen „Ur-Ekel“bei den meisten Menschen auslösen, weil sie sich an widerliche­n Orten aufhalten, im Müll stöbern und früher für die Pest verantwort­lich gemacht wurden (vielmehr waren es jedoch die Flöhe im Fell), seien Rattenplag­en sowohl für Privatleut­e als auch für Kommunen peinlich und würden daher meist „herunterge­spielt“. Dabei seien Ratten sehr „reinliche“Tiere, die sich wie Katzen permanent putzen. Allerdings seien sie eben nun mal dort unterwegs, „wo man nicht mal hinfassen möchte und übertragen auch dementspre­chende Krankheits­erreger“.

Tipp des Experten: Ratten nicht in die Enge treiben, sonst werden sie angriffslu­stig und springen ihr Opfer auch an, um sich zu verteidige­n. „Da kommt es schnell vor, dass sie ins Hosenbein schlüpfen und sich in der Wade festbeißen.“

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FOTO: ARCHIV Ratten sehen zwar manchmal niedlich aus, können aber zahlreiche Krankheite­n übertragen.

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