Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Inschrift schon lange nicht mehr leserlich
Neufraer Bürger ärgert sich über Gemeinde – Letzter Wolf von Hohenzollern stirbt 1831
NEUFRA/SIGMARINGEN - Er ging als der letzte Wolf von Hohenzollern in die regionale Geschichte ein und bringt, ausgestopft, seit fast zwei Jahrhunderten die Menschen zum Staunen, die ihn zunächst für lange Zeit bei einem Spaziergang in einer Vitrine im Park Josefslust betrachten konnten – und seit einigen Jahren im Sigmaringer Schloss. Bei dem einen oder anderen Besucher löst der Wolf ob seiner gigantischen Statur sicher auch ein wenig Gruseln aus.
Hettingen, im Januar 1831: Seit zwei Jahren treibt ein Wolf auf der Alb sein Unwesen. In Kettenacker reißt er im Juli 1830 ein Schaf, im selben Monat schnappt er sich ebenso in Harthausen und Feldhausen Schafe. Weitere Schadensfälle sind in den raren Quellen vermerkt. Die Menschen fürchten sich vor dem Wolf. Also veranlasst der damalige Fürst von Hohenzollern, Anton Aloys, am 18. Januar 1831 eine Treibjagd – der Wolf soll endlich erlegt werden. Und tatsächlich: Dem Gammertinger Jäger Christian Barth gelingt bei Hettingen der letztlich tödliche Schuss, auch wenn sich das Tier noch bis Neufra schleppt – und dort vom Gammertinger Josef Beck den Gnadenschuss erhält. „Für Barth hat sich der Schuss offenbar gelohnt, er hat ihm viel Anerkennung eingebracht“, erklärt Anette Hähnel, Leiterin der Fürstlichen Sammlungen bei einem SZ-Besuch im Sigmaringer Schloss. Der Fürst habe Barth nämlich für dessen Schuss mit silbernen Dosen beschenkt.
Zudem ließ Anton Aloys an der Stelle, an der der Wolf letztlich seinen Gnadenschuss erhalten hat, einen beschrifteten Gedenkstein auf- stellen. Heute führt die B32 zwischen Neufra und Gauselfingen an diesem Stein vorbei, der mittlerweile ein trauriges Dasein fristet. Darüber ärgert sich der Neufraer Bürger Manfred Tremmel, der seit Jahren für eine Aufwertung des historischen Ortes kämpft. „Der Stein ist brüchig und unleserlich“, sagt Tremmel. Es sei zwar klar, dass der Stein nicht mehr restauriert werden könne, weshalb er für einen originalgetreuen Nachbau kämpfe. „Ich bin richtig stinkig auf die Gemeinde Neufra“, sagt Tremmel, die aus seiner Sicht „nicht in die Pötte kommt“. Dabei sei alles doch gar nicht so schwierig: „Die Gemeinde müsste einfach nur Fördermittel beantragen, etwa bei Leader oder beim Naturpark Obere Donau. Die wären doch alle mit im Boot“, ist er sich sicher. Auch das Fürstenhaus Hohenzollern, dem der Stein gehört, würde sich an den Kosten, die Tremmel insgesamt auf 10 000 bis 15 000 Euro schätzt, betei- ligen, so der Neufraer. Hähnel bestätigt auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“, dass dies grundsätzlich möglich sei: „Aber dafür muss es ja erst einmal eine konkrete Anfrage geben.“
Da sieht Tremmel die Gemeinde in der Pflicht, schließlich sei der Wolfsstein ein „einzigartiges Kleindenkmal“: „Wo gibt es denn etwas Vergleichbares?“, fragt er. Da es in Neufra kein Heimatmuseum gebe, fände er es auch angemessen, wenn der alte Wolfsstein im Rathaus einen würdigen Platz erhielte.
Bei der Gemeinde hält man sich indes bedeckt: Kämmerer Werner Rominger bestätigt, dass der Gemeinderat bereits hier und da mit dem Thema befasst gewesen, der Wolfsstein aber „Chefsache“und Bürgermeister Reinhard Traub noch bis kommender Woche im Urlaub sei.