Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Jahrtausen­delang lebte der Geier im Donautal

Die Geierschut­zinitiativ­e will den Geier wieder ansiedeln – Bürger äußern Vorbehalte

- Von Noelle Güttinger

SIGMARINGE­N - Die Geierschut­zinitiativ­e (Gesi) hat in der Gaststätte Zoller-Hof in Sigmaringe­n über ihr Ziel informiert, den Geier wieder im Donautal anzusiedel­n. Am internatio­nalen Tag des Geiers veranschau­lichten die Experten der GESI rund um Dr. Dieter Haas und Karl Fidelis Gauggel, warum der Geier im Donautal von großem Vorteil sei. Die insgesamt 15 Geierarten gingen in den vergangene­n Jahrzehnte­n auf der ganzen Welt stark zurück, so die Vertreter der Initiative.

Zur Einstimmun­g wurde der Film „Giganten der Lüfte“von Bergit und Jürgen Bergmann gezeigt. Den beiden Naturfilme­rn wurde dafür der „Silberne Schmetterl­ing“bei den Bundesfilm­festspiele­n Natur in Blieskaste­l verliehen. Anschließe­nd erläuterte Dieter Haas, dass Geier nicht nur für den Tourismus von großem Wert seien, sondern auch ein wichtiger Teil im biologisch­en Kreislauf, der durch zu starkes Eingreifen des Menschen schon stark geschädigt sei. Hinzu komme, dass der Geier Jahrtausen­de lang das Donautal besiedelt habe, was an einer von Anton Schön in den 1960ern entdeckten Geierhöhle bei Beu-ron belegbar sei. Hierin befand sich Gebein von Geiern, die nicht mehr aus der Höhle kamen und darin verendeten. Insgesamt sechs Skelette konnten zugeordnet werden, alle aus einer anderen Zeit. Das älteste von ihnen soll 40 000 Jahre alt sein.

Man muss den Geier nicht extra füttern

Früher in der Geschichte und in einigen Teilen Asiens seien Geier bis heute heilige und gern gesehene Tiere. Auf einer seiner Reisen nach Asien, so erzählt Dieter Haas, habe er einen Tempel besucht, auf den die Einheimisc­hen ihre Toten brachten, damit diese von Geiern gefressen und in den Himmel getragen wurden. Man müsse den Geier auch nicht extra füttern. Es würde völlig ausreichen, wenn Schäfer und Jäger ihre verendeten Tiere liegenlass­en würden, statt, wie es bisher Vorschrift war, die Tiere wegzuräume­n. In Frage- und Diskussion­srunden, die immer nach einer Präsentati­on folgten, wurden allerdings auch kritische Stimmen laut. Kann ein Geier für mich gefährlich werden, wenn ich nur bewusstlos bin oder schlafe? Würde das keine Touristen verschreck­en? Könnten sich Seuchen nicht viel schneller ausbreiten, wenn jeder seine toten Tiere liegen ließe? Und nähme der Geier anderen Aas-Fressern wie Fuchs und Rabe keine Lebensgrun­dlage weg?

Zunächst einmal, räumen die Experten auf, seien die Greifvögel sehr vorsichtig bei ihren Speisen und würden sich erst ganz vorsichtig anschleich­en und die Lage checken. Die meisten Geier würden auch nicht fressen, was nicht schon von anderen Tieren angenagt oder vergammelt sei. Man müsse sich auch keine Sorgen machen, dass Geier einem die Würstchen vom Grill klauen könnten, sagte Haas. Auch für den Tourismus brächten Geier nur Vorteile, da das etwas Abwechslun­g in die fade Landschaft rund um die Donau bringen würde. Auch für andere Aas-Fresser sei der Geier in der geringen Zahl, wie er hier geplant sei, keine zu große Konkurrenz. Hinzu komme, dass Geier wie eine Gesundheit­spolizei in der Tierwelt seien.

Nicht alle Kritiker ließen sich überzeugen. Immer wieder in den vergangene­n Jahren flogen Geier in die Region rund um die Donau ein, blieben aber wegen den wahrschein­lich zu schlechten Futterverh­ältnissen nie lange.

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