Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Nordirlandkonflikt
31. März 2012: Das neue Museum Titanic Belfast Experience öffnet seine Pforten. Es erinnert an die tragische Geschichte der Titanic, die am 14. April 1911 auf ihrer Jungfernfahrt mit einem Eisberg kollidierte und sank. 1517 Passagiere starben. Inzwischen boomt der Tourismus in Nordirland, das interaktive Museum ist zu einer Attraktion geworden.
Sicht auf die Geschehnisse – es gibt kein Gut und Böse im klassischen Sinn.“
Aufschwung
Wirtschaftlich gesehen hat das Karfreitagsabkommen für Nordirland Wunder gewirkt. Der Konflikt hatte zuvor viele ausländische Investoren davon abgehalten, in das Land zu investieren, das einst eine blühende Schiffsbau- und Textilindustrie besaß. Während international die Vorzüge der Globalisierung und des europäischen Freihandels gepriesen wurden, waren Bomben und Schusswechsel
in Nordirland an der Tagesordnung. Dementsprechend schleppend verlief auch die wirtschaftliche Entwicklung in den Konfliktjahren, was zur Folge hatte, dass man sich nach dem Friedensabkommen in dieser neuen, schnellen Welt erst einmal zurechtfinden musste – Schiffe und Textilien wurden jetzt billiger in Asien produziert.
Tourismus wächst
Mit der Zeit gelang die Umorientierung, und mittlerweile findet sich in Belfast eine Vielzahl neuer Bürogebäude zwischen den alten Webereien. Nachdem die irische Insel 1541 der englischen Krone unterstellt wurde, lebten die protestantisch-britischen Kolonialherren und die katholisch-irische Landbevölkerung jahrhundertelang in sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit. 1921 wurde die Insel zwischen Irland und Großbritannien aufgeteilt, wobei Nordirland Teil des Vereinigten Königreichs blieb, während sich im Süden ein neuer Staat gründete. Die katholische Minderheit in Nordirland war damit unzufrieden, sodass 1969 ein gewaltsamer Konflikt zwischen paramilitärischen Gruppen und Sicherheitskräften ausbrach. Zivile Opfer waren an der Tagesordnung, bis 1998 mit dem Karfreitagsabkommen der Frieden kam. (schrö)
Stark vertreten sind vor allem die IT-Branche und die Kundendienstleister. Auch der Tourismus boomt und verstärkt das Wachstum weiter. Die Zahlen der Northern Ireland Statistics and Research Agency sprechen eine eindeutige Sprache: Während des Konflikts pendelte sich die Arbeitslosigkeit zwischen einer Quote von 15 und 20 Prozent ein, seit dem Abkommen ist sie kontinuierlich gesunken und liegt mittlerweile bei 3,1 Prozent; das Bruttoinlandsprodukt Nordirlands hat sich seit 1990 verdreifacht.
Niedrige Arbeitslosenzahlen und eine Wirtschaft im Aufschwung sind Nährboden für ein friedliches Zusammenleben. Damit die Gesellschaft wieder zusammenwachsen kann, bräuchte es aber mehr als nur Geld. Das Karfreitagsabkommen hat für die Versöhnungsarbeit einen Fortschritt erzielt – allerdings kann das nur der erste Schritt von vielen sein.
Gefahr Brexit
Denn die nächste große Hürde ist bereits in Sicht – auch der Brexit bedroht das labile Gleichgewicht. Die Gefahr, dass wieder ein Flächenbrand entstehen könnte, ist mit dem Entschluss der Briten zum EU-Austritt gestiegen. Für die britische Premierministerin Theresa May ist es das mit Abstand größte Problem in den Brexit-Verhandlungen. Ihr Kabinett ist heillos zerstritten darüber, wie nach dem EU-Austritt verhindert werden soll, dass zwischen der einstigen Unruheprovinz und Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen.