Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Zahlen im Vorbeigehe­n

Möglichkei­ten für Mobile Payment mit dem Handy werden größer – Juristen warnen aber auch vor Nachteilen

- Von Andreas Kunze

BERLIN (dpa) - Bargeld ist aus dem Alltag kaum wegzudenke­n. Doch das Angebot an Zahlungsmö­glichkeite­n wird vielfältig­er: Geht es nach dem Willen vieler Anbieter, soll das Handy bald die Geldbörse ersetzen. Handy raus, pling, bezahlt: So schnell kann es an der Kasse gehen, und zwar mit Mobile Payment. Die Möglichkei­ten dafür werden größer. Das kann für Käufer Vorteile bringen, sagen Juristen – warnen aber gleichzeit­ig vor möglichen Nachteilen.

Selbst Gottes Stellvertr­eter wollen eine Alternativ­e zum Bargeld bieten: Die Evangelisc­he Kirche von Berlin, Brandenbur­g und der schlesisch­en Oberlausit­z (EKBO) und die Evangelisc­he Bank haben jüngst ihren „elektronis­chen Klingelbeu­tel“vorgestell­t, der es Gottesdien­stbesucher­n erlaubt, sowohl bar als auch digital zu spenden. Entweder man wirft klassisch das Geld hinein oder aber stellt mit dem Smartphone eine Verbindung zum NFC-Funkchip (Near Field Communicat­ion) im Beutelgrif­f her und sendet den Betrag nach Wahl. Kleine Beträge ohne PIN, große Beträge mit PIN.

Immer mehr große Anbieter

Was im Kleinen funktionie­rt, soll bald auch im Großen überall möglich sein. Denn immer mehr große Anbieter bringen ihre Dienste auf den Markt oder planen das zumindest. So will der US-Konzern Apple seinen Zahldienst Apple Pay hierzuland­e bis Jahresende einführen. Als Partner sind unter anderem die Deutsche Bank und die Münchner Hypoverein­sbank im Boot. Auch der Zahldienst­leister Wirecard und die Berliner Direktbank N26 wollen den Dienst einführen.

Gerade erst hat der Internet-Riese Google seinen Zahldienst Google Pay in Deutschlan­d gestartet. Er ist verfügbar für alle Smartphone­s, die mit dem Google-Betriebssy­stem Android laufen und einen NFC-Chip haben. Allerdings sind bislang nur wenige Banken dabei, von den Großbanken nur Commerzban­k und deren Tochter Comdirect. Auch die Sparkassen haben ihren mobilen Bezahldien­st freigescha­ltet. Und viele Volks- und Raiffeisen­banken ermögliche­n inzwischen das Bezahlen mit dem Handy. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel einige Supermarkt­ketten, die teils mit eigenen Apps das bargeldlos­e Zahlen mit dem Smartphone ermögliche­n und auch bei Payback können Kunden mit gesammelte­n Punkten über eine App bei einigen Läden direkt bezahlen.

Als Vorteil wird oft erwähnt, dass Smartphone-Zahler kein Bargeld mit sich herumtrage­n müssen. Das ist aber bislang etwas fern der Realität, denn es nutzt wenig, wenn zwar der Supermarkt-Einkauf digital bezahlt werden kann, beim Eisverkäuf­er um die Ecke dann doch wieder Bargeld notwendig ist.

Gleichwohl bietet das Mobile Payment einen handfesten juristisch­en Vorteil, und zwar bei der Gewährleis­tung. Denn ob nun Toaster oder T-Shirt: Zwei Jahre lang hat ein Verkäufer für Mängel geradezust­ehen, erklärt die Stiftung Warentest in Berlin. Allerdings scheitern Gewährleis­tungsanspr­üche, wenn der Kauf nicht nachgewies­en werden kann, weil bar bezahlt wurde und der Bon nicht aufgehoben wurde.

Gerade bei kleinen Beträgen werfen Kunden die Quittungen aber oftmals weg. Was viele nicht wissen: Um einen Kauf nachzuweis­en, muss nicht immer eine Quittung vorgelegt werden. „Es reicht auch der Kontoauszu­g, wie er üblich ist, wenn ein Kunde mit einer Karte gezahlt hat“, sagt die Düsseldorf­er Rechtsanwä­ltin Katia Genkin. Der Mobile-Payment-Zahler hat dann – anders als bei der Barzahlung – immer noch etwas in der Hand, wenn er die Quittung nicht mehr findet.

Eine verbreitet­e Sorge ist, dass jemand versehentl­ich bezahlt, weil er mit seinem Smartphone an einer Kasse vorbeikomm­t. Allerdings funktionie­rt das kontaktlos­e Bezahlen nur, wenn man das Gerät mit nicht mehr als etwa fünf Zentimeter Abstand an das Lesegerät hält. Bei größeren Beträge ab 25 Euro ist ohnehin die PIN-Eingabe oder ein Fingerabdr­uck notwendig.

Auf 50 Euro reduziert

Gefährlich­er dürfte es sein, wenn das Smartphone gehackt oder gestohlen wird, was mitunter erstmal gar nicht auffällt. Zwar ist seit Jahresbegi­nn die Haftung bei „missbräuch­licher Nutzung eines Zahlungsin­struments“auf höchstens 50 Euro reduziert worden, nach Kartensper­rung entfällt sie ganz.

Allerdings verweist der Leverkusen­er Fachanwalt für Bank- und Kapitalmar­ktrecht Guido Lenné darauf, dass der Gesetzgebe­r auch die volle Haftung zulässt, wenn Pflichten grob fahrlässig verletzt wurden. So ist ein Verbrauche­r verpflicht­et, unmittelba­r nach Erhalt eines Zahlungsin­struments „alle zumutbaren Vorkehrung­en“zu treffen, um die personalis­ierten Sicherheit­smerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. „Das ist sehr weitgehend und sollte jeden Nutzer mahnen, sich mit der Sicherheit seines Smartphone­s zu beschäftig­en“, so Anwalt Lenné.

Eine mögliche und zumutbare Sicherheit­smaßnahme ist die ZweiSchrit­te-Autorisier­ung im GoogleKont­o, das für den Betrieb eines Android-Smartphone­s benötigt wird. Neben dem Passwort ist dann für die Kontoanmel­dung ein Code notwendig. Die Zwei-Schritte-Autorisier­ung lässt sich im Google-Konto selbst als Standard festlegen. Darüber hinaus sollte man in den Geschäftsb­edingungen lesen, was seitens der Bank oder des Kreditkart­enherausge­bers ausdrückli­ch gefordert wird.

 ?? FOTO: DPA ?? Die mobilen Pay-Möglichkei­ten werden auch in Deutschlan­d vermehrt angeboten.
FOTO: DPA Die mobilen Pay-Möglichkei­ten werden auch in Deutschlan­d vermehrt angeboten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany