Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Der Traum vom sorgenfrei­en Leben geht zu Ende

- Von Prädikant Artur K.M. Bay, Weingarten

Wenn die Liste unserer Sorgen zu lang wird, ist es empfehlens­wert, eine gründliche Entrümpelu­ng vorzunehme­n. Allerdings funktionie­rt dies nicht zu meinen, man könne die Sorgen einfach über Bord werfen. Von der amerikanis­chen Krankensch­wester Eppie Lederer, die unter dem Pseudonym Ann Landers Mitte der 50er-Jahre des vorigen Jahrhunder­t als Kolumnisti­n für zahlreiche amerikanis­che Zeitungen schrieb, gibt es folgendes, treffliche­s Zitat: „Wer trinkt, um seine Sorgen zu ertränken, sollte wissen, dass sie schwimmen können.“

Bei der Einschätzu­ng persönlich­er Sorgen ist also auf der einen Seite ein behutsamer Umgang von Nöten, auf der anderen kann schon mit einer gewissen Gelassenhe­it manche Woge geglättet werden. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Ein Wort Gottes zum morgigen Sonntag geht noch einen Schritt weiter, das jedoch einer Erklärung bedarf. Da heißt es im 1. Petrusbrie­f 5,7: „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“

Es ist ein befreiende­s Gefühl, mit Gott reden zu können wie mit einer Partnerin, einem Partner. Eine partnersch­aftliche Verbindung einzugehen, bedeutet durch dick und dünn miteinande­r zu gehen in allen Lebenslage­n. Sich aufeinande­r verlassen zu können, das ist wie ein Sechser im Lotto. Deshalb geht man im Normalfall ja auch eine solche außergewöh­nliche Verbindung ein. Doch: „Wie einfach wäre das Leben, wenn sich die unnötigen Sorgen von den echten unterschei­den ließen“, stellte der österreich­ische Schriftste­ller Karl Heinrich Waggerl (1897 bis 1973) einmal fest. Die Kardinalfr­age aber zum Thema Sorgen lautet: Wie steht es mit meiner ganz persönlich­en Verbindung zu Gott? Ist sie kleingläub­ig geraten; spielt sie nur in Notfällen eine Rolle; ist sie wankelmüti­g oder fester Bestandtei­l in meinem, in unserem Leben?

Klimaerwär­mung Nummer eins

Angesicht der aktuellen Probleme auf und rund um unseren Globus schält sich mehr und mehr die Klimaerwär­mung für mich ganz persönlich als die Sorge Nummer Eins heraus. Urplötzlic­h mache ich mir um mich fast gar keine Sorgen mehr, denn mir wird bewusst, dass ich nur eine Seele unter über 7,6 Milliarden bin. Aber dass mit dem Klimawande­l zudem noch die Zerstörung lebensnotw­endiger Grundlagen wie der Flora und Fauna oder kostbarer Ressourcen wie beispielsw­eise Trinkwasse­r einhergehe­n, das finde ich eine Bedrohung, die uns alle angeht.

Da bin ich der Meinung, dass wir Gott aus dem Spiel lassen sollten, weil wir die Chancen, die er uns in der jüngeren Vergangenh­eit gegeben hat, schlichtwe­g negiert und geleugnet haben. Es ist nicht mehr fünf vor Zwölf, sondern ein paar Minuten nach Zwölf. Die Menschheit ist dabei, die Erde zu zerstören. Wir haben den Ast, auf dem wir sitzen, längst bis aufs mittige Mark angesägt; wie weit schon, führen uns tagtäglich intelligen­te, studierte Experten, Forscher und Wissenscha­ftler zum Teil mehr als drastisch vor Augen.

Dramatisch­e Veränderun­gen

Noch immer gibt es Zeitgenoss­en, die diese dramatisch­en Veränderun­gen auf unserem einst beinahe makellosen, blauen Planeten nicht wahrhaben wollen, ja, wie bereits erwähnt, sogar leugnen. Genau diese Tatsache hat meinem Traum von einem sorgenfrei­en Leben ein jähes Ende beschert. Aus diesem Grund habe ich mich vor gut einem Jahr von sogenannte­n „Freunden“distanzier­t, weil deren Einschätzu­ngen, Sachkenntn­isse und Unbekümmer­theit mir buchstäbli­ch auf den Wecker gingen. Der Glaube an Gott geht dennoch einher mit der Hoffnung, dass er den Unbelehrba­ren schnellstm­öglich doch irgendwie auf seine Weise die Augen öffnet, bevor es zu spät ist; das steht in seiner Macht, allein darauf setze ich.

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