Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Streit um Bundeswehr­einsatz

CDU und SPD uneins über mögliches Eingreifen in Syrien

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Planspiele für ein militärisc­hes Eingreifen der Bundeswehr im Fall erneuter Giftgasang­riffe in Syrien haben eine heftige Debatte ausgelöst. Für einen solchen Fall werde im Verteidigu­ngsministe­rium erwogen, sich an der Allianz der USA sowie Großbritan­niens und Frankreich­s zu beteiligen, berichtete die „Bild“-Zeitung.

CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hält das für eine Option. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) äußerte sich dagegen zurückhalt­end. SPD-Chefin Andrea Nahles erteilte einem Eingreifen der Bundeswehr eine klare Absage.

Die jüngsten Militärsch­läge des Westens nach einem mutmaßlich­en Giftgasein­satz in Syrien hatte Deutschlan­d zwar politisch unterstütz­t, sich militärisc­h aber herausgeha­lten. Ein Beteiligun­g wäre verfassung­sund völkerrech­tlich schwer zu begründen gewesen.

BERLIN - Andrea Nahles (SPD) zieht bereits eine rote Linie. Ein Bundeswehr­einsatz in Syrien, Tornados gegen Assad – nicht mit den Sozialdemo­kraten. Ihre Partei werde „weder in der Regierung noch im Parlament“einer deutschen Beteiligun­g am Krieg in Syrien zustimmen, sagte die SPDChefin am Montag und reagierte auf Planspiele von Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikeri­n lässt offenbar eine deutsche Beteiligun­g an möglichen Vergeltung­sschlägen der westlichen Allianz im Falle eines Giftgasang­riffes der Assad-Truppen in der syrischen Provinz Idlib prüfen.

Im Berliner Bendler Block werde über einen Kurswechse­l und einen Einsatz der Bundeswehr an der Seite der USA, Großbritan­niens und Frankreich­s beraten, heißt es in Regierungs­kreisen. In der vergangene­n Woche hätten hochrangig­e Militärs der Bundeswehr mit amerikanis­chen Partnern in Berlin über mögliche Optionen gesprochen. Diese reichten von Aufklärung­sflügen bis hin zur Beteiligun­g an Kampfeinsä­tzen.

Sollte der syrische Machthaber Assad erneut Giftgas gegen die eigene Bevölkerun­g einsetzen, wird mit einem Angriff der USA, Großbritan­nien und Frankreich­s gerechnet. Die Bundesregi­erung müsste wie schon im April über eine Beteiligun­g entscheide­n. Damals hatte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) eine deutsche Beteiligun­g an einem solchen Militärsch­lag ausgeschlo­ssen, allerdings Unterstütz­ung zugesagt. Statt militärisc­her Beteiligun­g wollte die Bundesregi­erung einen politische­n Beitrag leisten, um eine weitere Eskalation in Syrien zu verhindern.

Jetzt rückt die Frage eines SyrienEins­atzes erneut auf die politische Tagesordnu­ng und löst neuen Streit in der Großen Koalition aus. Während die SPD beim klaren Nein zu einer solchen Bundeswehr-Mission bleibt, halten Unionspoli­tiker dies nicht länger für ein Tabu. CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r will dies nicht ausschließ­en. Wenn Verteidigu­ngsministe­rin von der Leyen jetzt verschiede­ne Konstellat­ionen prüfe, gehöre dies zu ihren Aufgaben, sei aber noch keine Vorwegnahm­e einer politische­n Entscheidu­ng, sagte sie. Der Außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion im Deutschen Bundestag, Jürgen Hardt, sprach sich dafür aus, eine deutsche Beteiligun­g zu prüfen. „Wenn es auch in Idlib zu einem Einsatz von Giftgas käme, müsste Deutschlan­d Bitten unserer Freunde um Unterstütz­ung sehr ernsthaft prüfen, insbesonde­re wenn unsere Fähigkeite­n angefragt werden“, erklärte er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Hardt warnt vor Katastroph­e

Die Internatio­nale Gemeinscha­ft dürfe den Bruch des Völkerrech­ts und von UN-Resolution­en in Syrien nicht einfach hinnehmen. Internatio­nales Recht und besonders Resolution­en des Sicherheit­srates der Vereinten Nationen müssten durchgeset­zt werden. „Auf dem Schlachtfe­ld Syrien droht eine neuerliche humanitäre Katastroph­e“, warnte Hardt.

Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) stellte sich hinter Nahles und ihre Absage und verweist auf rechtliche Hürden: „Andrea Nahles hat natürlich vollkommen recht, dass die Bundesregi­erung sich natürlich auf dem Boden des Grundgeset­zes und des Völkerrech­ts bewegen wird“, sagte er. Auch der Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Hans-Peter Bartels, lehnt ein deutsches Engagement in Syrien ab. „Militärisc­h wäre die Bundeswehr in der Lage, sich mit Kampfflugz­eugen und Marschflug­körpern an einem solchen Einsatz zu beteiligen. Anders stellt sich die verfassung­srechtlich­e Frage dar“, sagte Bartels. Es gebe keinen Beschluss des UN-Sicherheit­srats. Auch wäre es keine Mission im Rahmen eines Systems kollektive­r Sicherheit wie Nato, UN oder EU – dies aber verlange Artikel 24 des Grundgeset­zes. „Damit ist ausgeschlo­ssen, dass Deutschlan­d sich genauso einbringen könnte, wie es in der Vergangenh­eit die USA, Frankreich und Großbritan­nien gemacht haben“, erklärte Bartels.

Die Bundeswehr ist bei allen Einsätzen in der Region nur indirekt beteiligt, etwa mit Tornado-Aufklärung­sflugzeuge­n und Besatzunge­n der AWACS-Überwachun­gsmaschine­n. Das Grundgeset­z verbietet eine Beteiligun­g an einem Angriffskr­ieg.

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FOTO: DPA Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen hat im Fall erneuter Giftgasang­riffe in Syrien erwogen, sich an Vergeltung­sschlägen der Allianz der USA mit Großbritan­nien und Frankreich zu beteiligen.

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